Süddeutsche Zeitung

Trainerentlassung beim FC Augsburg:Die Nachfolger-Suche beginnt

Lesezeit: 3 min

Nach der Trennung von Coach Enrico Maaßen hält sich Augsburgs Sportdirektor Marinko Jurendic bedeckt, was den neuen Trainer angeht. Als Kandidat gehandelt wird André Breitenreiter.

Von Maik Rosner

Eine Dreiviertelstunde lang sprach Marinko Jurendic am Dienstagnachmittag in Loge 22 der Augsburger Arena, doch wie es nun konkret weitergehen wird in der Trainerfrage beim FCA nach der am Vorabend vorgenommenen Trennung von Enrico Maaßen, das blieb offen. Viel wollte der Sportdirektor nicht verraten, zumal erst am Dienstagmorgen Gespräche mit mehreren möglichen Nachfolgekandidaten angelaufen seien. Auch das erstellte Anforderungsprofil des künftigen Trainers benannte Jurendic nicht konkret.

Zumindest so viel klang an: Gesucht werde ein Fußballlehrer, "der kurzfristig die Mannschaft stabilisiert". Darüber hinaus solle der Trainer auf Sicht "jeden Spieler nochmal eine Spur besser machen", sagte Jurendic. Die Kaderanalyse habe jedenfalls ergeben: "Die Potenziale sind da."

Interessant geriet vor allem seine kurz gehaltene Antwort auf die Frage, ob und inwieweit die Investoren des FCA, darunter der US-Amerikaner David S. Blitzer, Einfluss auf die Trainerwahl nähmen. Jurendic sagte knapp unter Verweis auf den alleinigen Geschäftsführer: "Da müssen Sie Michael Ströll fragen."

Nach dem hilflosen Auftritt gegen Darmstadt blieb kein anderer Weg als die Trennung von Maaßens

Mit seinen Andeutungen zum Anforderungsprofil hatte Jurendic zumindest einen Teil der Begründung geliefert, warum sich die Wege des FCA und Maaßens getrennt haben. Als der FC Augsburg die Beurlaubung verkündet hatte, war das Überraschende an der Mitteilung einzig der Zeitpunkt um kurz vor halb elf am späten Montagabend gewesen. Dass Ströll und Jurendic sich dazu entschließen würden, den 39 Jahre alten Maaßen von seinen Aufgaben zu entbinden, war längst absehbar gewesen. Zu eindeutig fiel die Bilanz mit nur zwei Siegen aus den vergangenen 19 Pflichtspielen aus, zu klar zeigte der Trend nach unten.

Dem FCA blieb auch angesichts der zunehmend verunsicherten Mannschaft und des lange Zeit hilflosen Auftritts am Samstag bei der 1:2-Niederlage gegen Aufsteiger Darmstadt eigentlich gar keine andere Wahl. Geliefert habe dieses Spiel "das definitive Zeichen: Es geht weiter nach unten", sagte Jurendic. Es sei dem Trainer und der Mannschaft leider nicht gelungen, "den Trend zu brechen und die angestrebte Entwicklung erfolgreich auf den Platz zu bringen". Neben Maaßen hat auch sein Assistent Sebastian Block den Verein verlassen. Interimsweise trainiert U23-Coach Tobias Strobl, 35, die Mannschaft.

Eine Entwicklung hin zu einem erfrischenden und aktiven statt hauptsächlich abwartenden Spielstil hatten sie sich beim FC Augsburg von Maaßen versprochen. Und wer beobachtete, wie der bei Borussia Dortmunds U23 in der dritten Liga zuvor erfolgreiche Coach kurz nach seinem Amtsantritt beim FCA im Juli 2022 trainieren ließ, der sah viele Übungen für einen gepflegten Spielaufbau mit Flachpässen und Ballbesitzpassagen, für einen Stil also, der wenig gemein hatte mit dem vorherigen Augsburger Außenseiterfußball. Dieser war unter Maaßens Vorgängern Martin Schmidt, Heiko Herrlich und zuletzt Markus Weinzierl geprägt gewesen von langen Bällen von hinten heraus sowie Kontern nach Ballgewinnen.

Maaßen musste beim FCA allerdings schnell feststellen, dass dort zwischen Wunsch und Wirklichkeit teils eine große Lücke klafft. Schon nach den ersten Spielen der vergangenen Saison wurden alte Augsburger Spielmuster reaktiviert, mit denen sie sich seit ihrem Aufstieg 2011 bisher stets in der Bundesliga gehalten haben. Auch deshalb blieb unter Maaßen eine nachhaltige spielerische Entwicklung aus.

Kommt jetzt André Breitenreiter als Maaßens Nachfolger?

Hinzu kam der etappenweise vollzogene Umbruch in der Mannschaft. Zunehmend verjüngt wurde die Belegschaft mit jeder weiteren Transferphase. Zudem gab es Umwälzungen auf der Führungsebene. Erst zog sich der langjährige Präsident Klaus Hofmann zurück und zuletzt der seit Dezember 2012 amtierende Geschäftsführer Sport, Stefan Reuter - in eine beratende Funktion, wie es heißt. Eingebunden in die Beratungen über Maaßens Nachfolge ist der Weltmeister von 1990 aber allenfalls bedingt. "Stefan ist informiert über den Prozess, verschiedene Personen sind involviert in den Prozess", sagte Jurendic.

Vor knapp einem Jahr hatte Ströll, seit Reuters Rückzug vor einigen Wochen der alleinige Geschäftsführer, als mittelfristiges Ziel für den FCA ausgerufen, sich unter den ersten Zehn der Bundesliga zu etablieren. Im vergangenen Mai war der Klassenverbleib nur dank der Hilfe der Konkurrenz erreicht worden. Danach wurden weitere langjährige Säulen der Mannschaft entweder verabschiedet oder zumindest so gut wie aussortiert, wie im Fall von Abwehrroutinier Jeffrey Gouweleeuw. Es passt ins Bild, dass der Niederländer zuletzt wieder gefragt war als Innenverteidiger, und dass er nach der verdienten Niederlage gegen Darmstadt auch auf die Vereinsführung verwies, als es um die Gründe für Augsburgs missliche Lage ging. Für Maaßen ist das ein schwacher Trost. Er sei "natürlich enttäuscht über diese Entscheidung", sagte er.

Als bekannte Lösung für Maaßens Nachfolge wäre André Breitenreiter naheliegend. Der 50-Jährige trainierte in der Bundesliga bereits Paderborn, Schalke, Hannover und zuletzt bis Februar 2023 Hoffenheim. Seinen wohl größten Trainererfolg erlebte Breitenreiter in der Schweiz beim FC Zürich, mit dem er 2022 Meister wurde. Sportdirektor beim FCZ war damals der heutige Sportdirektor des FCA, Marinko Jurendic.

Ob nun wieder eine Zusammenarbeit zwischen Breitenreiter und Jurendic zustande kommt, ist offen. Jurendic wollte den Namen Breitenreiter weder kommentieren noch dementieren, genauso wenig wie die Namen anderer Kandidaten. Nur so viel: Man sei notfalls bereit, eine Ablöse zu zahlen. Und: "Wir wollen nicht die schnellste, sondern die bestmögliche Lösung."

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