Süddeutsche Zeitung

Englische Nationalmannschaft:Trainer bei England? Ich hab' da noch was vor. . .

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Der englische Verband wühlt sich durch einen Haufen potentieller Trainer-Kandidaten - viele wollen nicht. Ein Brexit-Provokateur wäre die Lösung.

Glosse von Sebastian Fischer

Boris Johnson steht jetzt auch zur Verfügung, theoretisch. Londons ehemaliger Bürgermeister wird nicht als nächster britischer Premierminister kandidieren, hätte also Zeit, die englische Nationalmannschaft zu trainieren - was ähnlich kompliziert ist wie die Brexit-Verhandlungen, dafür aber sehr gut bezahlt. Das dürfte Johnson gefallen, und die Fertigkeit für den Job sollte man dem Politiker nicht vorschnell absprechen: Es gibt ein Video, in dem Johnson bei einem Kick im England-Dress (Nr. 10) einen Gegner derart ungestüm und mit seiner Trump-Frisur zuvorderst über den Haufen rennt, dass jedem isländischen Vollbartträger Angst und Bange wird.

Einziges Problem an diesem Gedankenspiel: Martin Glenn, Manager des englischen Fußball-Verbandes FA und trotz eigens bekundeter Fußball-Ahnungslosigkeit gemeinsam mit dem Technischen Direktor Dan Ashworth und Verbandsvize David Gill mit der Suche eines Nachfolgers für den nach dem EM-Aus zurückgetretenen Roy Hodgson betraut, hat Johnson nicht gefragt. Dabei fragt er gerade jeden.

Gareth Southgate, Teammanager der englischen U 21-Auswahl, sollte die in Frankreich blamierten Engländer bis 2017 übernehmen, um dann an einen renommierten Trainer zu übergeben, so der jüngste Plan des Verbands. Nach einem Bericht der BBC sagte Southgate allerdings ab: Der Job würde seiner Karriere schaden.

Brendan Rodgers nannte seine Anstellung bei Celtic Glasgow reflexartig seinen "Traumjob", als er mit dem vakanten Nationaltrainerposten konfrontiert wurde. West Hams Trainer Slaven Bilic kann nicht, und Steve Bruce, eine Art englischer Peter Neururer und Trainer beim Erstligisten Hull, wird den Klub nicht verlassen, "obwohl er mit dem England-Job in Verbindung gebracht wurde", wie der Guardian schreibt.

Das seriöse Blatt berichtet außerdem davon, die FA habe einige ehemalige Nationalspieler kontaktiert, die Teil eines Trainerteams werden könnten. Ja, einige: Steven Gerrard, Rio Ferdinand, Frank Lampard, Scott Parker, Joe Cole und Phil Neville (den Bruder des mit Hodgson zurückgetretenen Gary Neville). Antworten stehen noch aus.

Womöglich müssten "ein paar Interimstrainer kommen und helfen", soll Glenn gesagt haben, die FA hat angeblich gar Radsport-Trainer Sir Dave Brailsford kontaktiert. Chancen auf den Job werden Arsenal-Coach Arsène Wenger, dem Franzosen Laurent Blanc sowie dem als Spieler auf der Insel aktiven US-Coach Jürgen Klinsmann eingeräumt. "Er ist meine Wahl für die Übernahme des Postens", sagte der frühere Liverpooler Jamie Carragher. Pluspunkt für Klinsmann laut Daily Mail: "Er sprach exzellentes Englisch und fuhr einen Volkswagen Beetle" (anstelle eines protzigen Sportwagens, wie die meisten englischen Nationalspieler, Anm. d. Red.).

Brasiliens ehemaliger Nationaltrainer Luiz Felipe Scolari, 67, zurzeit bei Guangzhou Evergrande in China beschäftigt, brachte sich selbst ins Gespräch. "Ich habe eine Vorliebe für den englischen Fußball und bin mir der Notwendigkeit bewusst, mit dem Nationalteam erfolgreich sein zu müssen", sagte er der Daily Mail.

Nach Informationen dieser Zeitung sollen Christoph Daum, Eddy Achterberg und Rudi Gutendorf ähnliche Initiativbewerbungen planen.

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SZ vom 01.07.2016
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