Süddeutsche Zeitung

Winterspiele 2018:Russland als Nation von Olympia ausgeschlossen

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Wegen des Doping-Skandals dürfen russische Athleten bei den Winterspielen in Pyeongchang (9. bis 25. Februar) nur unter neutraler Flagge starten. Das entschied das Internationale Olympische Komitee (IOC) auf einer Exekutivsitzung am Dienstag in Lausanne. Auf den Trikots russischer Sportler soll "Olympischer Athlet aus Russland" stehen. Einem Komplett-Ausschluss von den Winterspielen entgeht Russland.

"Es war ein beispielloser Angriff auf die Integrität der Olympischen Bewegung und des Sports", sagte IOC-Präsident Thomas Bach. Darum habe das IOC-Exekutivkomitee ausgewogene Sanktionen für die systematische Manipulation ausgesprochen. "Dies soll einen Strich unter die schädigende Episode ziehen und als Katalysator für einen von der Wada geleiteten effektiveren Anti-Doping-Kampf dienen", sagte Bach weiter.

Vizepremier Mutko wird lebenslang in allen Funktionen von Olympia ausgeschlossen

Wie das IOC mitteilte, sei die "systematische Manipulation der Anti-Doping-Regeln und des Anti-Doping-Systems in Russland" bestätigt worden. Als Konsequenz wurde auch der ehemalige Sportminister Witali Mutko, der aktuell Chef des russischen Fußball-Verbandes und WM-Organisationschef ist, lebenslang in allen Funktionen von Olympia ausgeschlossen. ROC-Präsident Alexander Schukow wurde zudem als IOC-Mitglied suspendiert. Zudem muss das russische olympische Komitee ROC 15 Millionen Dollar an die neu geschaffenen unabhängigen Behörde für Doping-Testverfahren (ITA) zahlen. Russland kann vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS noch einen Einspruch einlegen.

Ob russische Sportler allerdings ohne Flagge und Hymne an den Start gehen werden, ist fraglich. Staatspräsident Wladimir Putin hatte für diesen Fall vor einigen Wochen von einer Demütigung gesprochen und mit einem Boykott gedroht, in den letzten Tagen waren diesbezüglich aber moderatere Töne aus Moskau zu vernehmen. "Wir sind gegen eine Einschränkung der Rechte unserer Sportler", hatte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Montag noch betont. Ein staatlich gelenktes Dopingsystem wurde in Russland aber weiter vehement geleugnet. Die russischen Olympia-Sportler sollen am 12. Dezember entscheiden, ob sie zu den Winterspielen nach Südkorea fahren oder nicht. Das kündigte der Präsident des Nationalen Olympischen Komitees an, Alexander Schukow. Zu der "Olympischen Versammlung" sollten die potenziellen Teilnehmer, Trainer und Verbandsvertreter kommen, sagte er der Agentur Tass zufolge.

"Ein olympischer Boykott hat noch nie etwas gebracht. Ich sehe auch keinen Grund für einen Boykott durch russische Sportler, weil wir den sauberen Athleten erlauben zu starten", sagte Bach: "Diese Athleten können eine Brücke bauen in die Zukunft eines sauberen Sports statt eine neue Mauer zu errichten." Die staatlichen Fernsehsender in Russland werden die Winterspiele wegen der Strafen des IOC nicht übertragen. Das teilte die Pressestelle der TV-Holding WGTRK am Dienstag in Moskau nach der Entscheidung des Internationalen Olympischen Komitees mit.

Russland hatte in den Jahren 2011 bis 2015 ein institutionelles Dopingsystem installiert. Darin verwickelt waren laut den Berichten des Sonderermittlers der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) Richard McLaren rund 1000 Sportler.

Auslöser des Skandals war der Betrug der Russen bei den Heim-Winterspielen 2014 in Sotschi. Der ehemalige Leiter des Moskauer Anti-Dopinglabors, Grigori Rodschenkow, hatte als Kronzeuge über den systematischen Austausch von Doping-Proben berichtet. Die Pläne dafür seien bis in höchste politische Kreise bekannt gewesen.

Im Auftrag der Wada hatte der kanadische Rechtsprofessor Richard McLaren umfangreiches Material gesammelt, das in zwei Berichten staatlich gesteuerte Manipulationen im russischen Sport belegt. Trotz der Beweislast hatte das IOC eine Komplettsperre des russischen Teams für die Sommerspiele 2016 in Rio de Janeiro abgelehnt und stattdessen Einzelfallprüfungen durch die internationalen Sportverbände angeordnet. Seit den Spielen in Rio wuchs allerdings der Druck auf das IOC. Dieses setzte zwei Untersuchungskommissionen ein, die nach ihren Leitern benannt wurden, dem ehemaligen Schweizer Bundespräsidenten Samuel Schmid und dem Schweizer IOC-Mitglied Denis Oswald.

Die Oswald-Kommission hat bislang 25 russische Sotschi-Teilnehmer lebenslang für Olympia gesperrt. Ihre Ergebnisse von Sotschi wurden annulliert, darunter sind zahlreiche Medaillengewinner. Die Schmid-Kommission sollte herausfinden, wer in dem von McLaren beschriebenen System welche Verantwortung trug. Diese Erkenntnisse sollten vor allem als Grundlage der IOC-Entscheidung über die Sanktionen dienen.

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