Süddeutsche Zeitung

DFL in der Krise:Viele Probleme, wenige überzeugende Antworten

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DFL-Geschäftsführerin Donata Hopfen droht offenbar das Aus. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten überzeugen ihre Pläne viele Klubs nicht - einige Probleme hat sie aber von Vorgänger Christian Seifert geerbt.

Von Philipp Selldorf, Doha

Wenn der Aufsichtsrat der Deutschen Fußball Liga zuletzt zu seinen Sitzungen zusammenkam, dann wurde die DFL-Geschäftsführerin Donata Hopfen üblicherweise dazugebeten. An diesem Mittwoch wird das, wie zu hören ist, nicht der Fall sein. Das Gremium unter Vorsitz von Borussia Dortmunds Klubchef Hans-Joachim Watzke berät diesmal nicht mit, sondern über Hopfen. Nach einem Bericht des Kickers soll die 46 Jahre alte Unternehmensberaterin vor ihrer Ablösung als Chefin der DFL stehen, angeblich soll sie noch vor Weihnachten ihres Postens enthoben werden.

Eine Bestätigung des Berichts gab es weder seitens der DFL, die keine Stellungnahme abgab, noch durch Beteiligte. Bei solchen gewichtigen Personalien geht aus allgemeinem Schweigen allerdings meistens eine vielsagende Botschaft hervor. Hopfen hatte erst zu Jahresbeginn die Nachfolge von Christian Seifert angetreten.

Wie führende Vertreter der Bundesliga erzählen, kam die am Sonntagabend verbreitete Meldung der Fachzeitung überraschend, aber auch nicht aus heiterem Himmel. Gerüchte über eine Trennung waren bereits in Umlauf, die Kritik an Hopfens Wirken an der Spitze des Bundesliga-Dienstleisters hat zugenommen. Aufsichtsratsmitglied Fredi Bobic gab am Sonntagabend bei Magenta TV, wo er als Experte die WM kommentiert, eine Einschätzung ab, die eindeutig zweideutig ausfiel: Er wolle "nicht rumeiern", sagte der Sportchef von Hertha BSC: "Es wird demnächst eine Sitzung geben - dann sehen wir weiter."

Bobic, bekanntermaßen kein Freund von abstrakten Floskeln, fügte an, er könne die Trennung "aktuell nicht bestätigen". Woraus hervorgeht, dass es nicht mehr lang dauern wird, bis es die entsprechende Erklärung geben wird. Angesprochen auf die angebliche Unzufriedenheit mit Hopfens Arbeit, fiel Bobic kein Plädoyer ein, das auch nur entfernt als Gegendarstellung taugt: "Das sind Themen, die kann ich nicht öffentlich besprechen. Das darf ich auch nicht öffentlich besprechen."

Vorgänger Seifert wurde in der Krise gefeiert - die Auswirkungen von Corona erbte Hopfen

Donata Hopfen, die lange Zeit als Managerin im Springer-Konzern tätig war, hatte ihre Stelle unter schwierigen Bedingungen angetreten. Allein die Tatsache, dass sie einem Vorgänger folgte, der die DFL 16 Jahre straff und erfolgreich geführt hatte, war eine undankbare Voraussetzung. Zugleich durfte sie mit Verständnis rechnen. Niemand erwartete von ihr, dass sie gleich mit der Autorität, Effektivität und öffentlichen Wirkung loslegen würde, die Christian Seifert zuletzt wie einen Supermanager des Fußballs erscheinen ließen. Speziell in der Frühzeit der Corona-Krise vor zweieinhalb Jahren erwarb Seifert quasi unsterbliche Verdienste, als er die notstandshalber pausierende Bundesliga mit einem hausintern entwickelten Konzept an den Neustart zurückführte, während in anderen europäischen Ligen noch Stillstand herrschte.

Den schweren wirtschaftlichen Schaden der Corona-Krise konnte aber auch Seifert nicht abwenden - die Auswirkungen erbte seine Nachfolgerin. Den beiden Bundesligen ging ein Milliardenbetrag verloren, sie sollte dafür sorgen, neue Einnahmequellen zu erschließen. Hopfen, öffentlich seltener präsent als Seifert, propagierte bessere internationale Geschäfte und höhere Profite durch Digitalisierung und Modernisierung.

Sie begab sich damit auf ein abstraktes Feld. Dass sie für ihre Projekte erheblichen Finanzbedarf reklamierte und dazu Teile der Medieneinnahmen an einen Investor veräußern wollte, fand nicht bei allen 36 Teilhabern der DFL Anklang. Einzelne Vereinsführungen waren dagegen, sich vom gemeinsamen Besitzstand zu trennen, um eine ins Ungewisse weisende Technisierung voranzutreiben und weitere teure Dependancen im Ausland zu eröffnen. Dass Hopfen offerierte, Teile der erwarteten Milliardenerlöse den 36 Vereinen für den Sofortbedarf zur Verfügung zu stellen, brachte die oppositionellen Klubs nicht in Versuchung.

Ihre Pläne kamen manchen Vereinsoberen vage und unbestimmt vor. Auch die Abschlüsse, die sie im internationalen Fernsehgeschäft erzielte, sorgten nicht für Begeisterung in den beiden Bundesligen - unabhängig davon, dass sie auch hier unter erschwerten Bedingungen agierte. Das Problem, dass die Liga mit einem Dauermeister FC Bayern keine Werbung für höhere Zahlungen ausländischer TV-Unternehmen macht, hat sie ebenfalls von ihrem Vorgänger geerbt. In sportlicher Hinsicht warb Hopfen, was ebenfalls nicht für originell gehalten wurde, für verstärkte Investitionen in die Nachwuchsleistungszentren.

Dem Kicker hatte Hopfen neulich erklärt, dass die Schwierigkeiten in der kurzen Zeit ihrer Tätigkeit eher zu- als abgenommen hätten. Sie sei "in Krisenzeiten gestartet. Und die weltpolitischen und gesellschaftlichen Probleme nehmen gefühlt mit jedem Tag zu." Von all diesen könnte sie nun durch ihre Abberufung erlöst werden.

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