Süddeutsche Zeitung

Paderborn gegen HSV im DFB-Pokal:15 Jahre nach Hoyzer

Lesezeit: 2 min

Von Carsten Scheele

Robert Hoyzer zahlt noch immer Schadensersatz an den DFB, mehrere Tausend Euro pro Jahr. Im Gefängnis hat er gesessen, wurde wegen guter Führung 2008 vorzeitig entlassen. Der frühere Schiedsrichter, der in den größten Wettskandal des deutschen Fußballs verwickelt war, arbeitet heute bei einem Vergleichsportal. Mit Fußball hat er nur noch im unterklassigen Bereich zu tun.

Hoyzer, heute 39, wird trotzdem am Dienstagabend im Fernsehen auftauchen. Nicht persönlich, aber die Sender werden die Bilder zeigen von vor 15 Jahren, als der Hamburger SV unter dubiosesten Umständen das Pokalspiel beim SC Paderborn verlor. Hoyzer hat die Partie damals manipuliert, die HSV-Spieler standen irgendwann fassungslos auf dem Rasen, weil sie nicht glauben konnten, was sich ereignete.

Hoyzer hatte wirklich alles gegeben, um dem damaligen Viertligisten zum Sieg zu verhelfen. Ein Hamburger flog mit Rot vom Platz, der SCP bekam zwei fragwürdige Elfmeter zugesprochen, die zu Toren führten. "Spielt weiter, den Rest erledige ich", soll Hoyzer damals während der Partie gesagt haben. Der HSV verlor 2:4, Hoyzer wurde angeklagt und verurteilt.

Papadopoulos und Wood sollen verkauft werden, aber wer will sie?

15 Jahre später kommt es zur Neuauflage des Skandalspiels von 2004: Paderborn gegen den HSV, diesmal im Viertelfinale des Pokals ( 18.30 Uhr, Liveticker auf SZ.de). Insbesondere beim HSV haben die Verantwortlichen allerdings kaum Zeit, sich mit der Vergangenheit auseinander zu setzen. Dafür pressiert die Gegenwart zu sehr, und das Pokal-Viertelfinale, für Zweitligisten normalerweise so etwas wie ein Bonusspiel, erreicht eine immense Bedeutung. Der HSV bekommt die Zweitklassigkeit gerade in voller Härte kräftig zu spüren, muss nicht nur kräftiger um den direkten Wiederaufstieg kämpfen, als viele es erhofft hatten - sondern auch finanziell handlungsfähig bleiben.

Gerade musste der Klub eine zweite Fananleihe aufnehmen, um eine erste aus dem Jahr aus dem Jahr 2012 zurückzuzahlen, die in diesem Jahr fällig wird. Die neue hat eine Laufzeit bis 2026. Ein verzweifelter Schritt, doch in kurzer Zeit kamen 17,5 Millionen Euro zusammen. "Wir werten das als Vertrauensbeweis", sagte der Vorstandsvorsitzende Bernd Hoffmann.

Vertrauen ist nötig beim HSV, denn finanziell ist die Lage weiter schwierig. Das liegt vor allem daran, dass der Klub mittelprächtigen Spielern zu Bundesligazeiten horrende Verträge gegeben hat, die nun auf den Etat drücken. Laut Sportbild verdient Innenverteidiger Kyriakos Papadopoulos vier Millionen Euro im Jahr, hinzu käme ab Sommer Stürmer Bobby Wood, der dann aus Hannover zurückkehrt, für 3,5 Millionen Euro. Sehr viel für einen Zweitligisten. Zwar sollen beide verkauft werden, doch wer würde den Spielern noch einmal solche Verträge anbieten? "Beim 1. FC Köln war der Abstieg ein Betriebsunfall, bei uns das Ergebnis von jahrelangem Chaos und Fehlentscheidungen", sagte Hoffmann dem Blatt. Insgesamt plagen den HSV noch mindestens 85 Millionen Euro Verbindlichkeiten.

Einen echten Favoriten gibt es diesmal nicht

Das Erreichen des Pokal-Halbfinals würde diesbezüglich enorm helfen. Der DFB würde diesen Schritt mit 2,656 Millionen Euro vergüten, zudem gäbe es ein weiteres Fernsehspiel zur Prime Time gegen einen mutmaßlich großen Gegner. Das Halbfinale hat der HSV zudem seit 2009 nicht mehr erreicht. "Wir werden auf jeden Fall die richtige Haltung zu diesem Spiel benötigen und müssen voll dagegenhalten", sagt Trainer Hannes Wolf. Die Vorzeichen sind diesmal andere: Beide Teams spielen in der zweiten Liga, einen echten Favoriten gibt es nicht.

Auch auf Paderborner Seite ist die Hoffnung groß. Die Runde der letzten vier hat der Klub noch nie erreicht. "Wenn du als Zweitligist im Pokal-Halbfinale stehst, ist das nicht alltäglich", sagte Geschäftsführer Markus Krösche der Deutschen Presse-Agentur. Die Ereignisse vor 15 Jahren beschäftigen ihn nach eigener Aussage nicht mehr: "Dazu ist alles gesagt und das hat mit diesem Spiel überhaupt nichts zu tun." Die Partie leiten wird übrigens Schiedsrichter Tobias Welz. Der feierte 2004, als Hoyzer seinen ganzen Berufsstand in Verruf brachte, gerade sein Debüt in der 2. Bundesliga.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4392990
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.