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Deutscher Fußball-Bund:Im Machtkampf soll Frieden einkehren

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Der DFB will "Dissonanzen" zwischen Präsident Keller und Generalsekretär Curtius aufarbeiten. Ob es zur avisierten Harmonie kommt? Die Themen, an denen sich der Konflikt entzündete, bleiben jedenfalls bestehen.

Von J. Aumüller, T. Kistner, K. Ott und J.Schmitt, Frankfurt

Als eine der ungewöhnlichsten Präsidiumssitzungen in der Verbandsgeschichte beendet war, verschickte der Deutsche Fußball-Bund (DFB) eine ebenso merkwürdige Mitteilung. "DFB-Präsidium gibt klares Signal zur konstruktiven Zusammenarbeit im Sinne des Fußballs", lautete recht geschraubt die Überschrift des Textes, der sich dann so las wie der Versuch, im Machtkampf zwischen Präsident Fritz Keller, 63, und Generalsekretär Friedrich Curtius, 44, ein Friedensabkommen einzuleiten. Das Präsidium habe beschlossen, "die entstandenen internen Dissonanzen schrittweise aufzuarbeiten", hieß es. Und Keller wie Curtius betonten in unterschiedlichen Worten, aber dem Sinne nach ähnlich, dass sie den eingeschlagenen Weg der Erneuerung fortsetzen und sich wieder aufeinander zubewegen wollen.

Dass der DFB sowie seine beiden Top- Funktionäre sogar in einer öffentlichen Mitteilung derart klar von "internen Dissonanzen", aber auch von "Unstimmigkeiten" oder von "Missverständnissen" sprechen, dürfte ziemlich einmalig sein für den Verband. Es unterstreicht aber, wie heftig der Konflikt ist zwischen den beiden Parteien. Und fraglich ist, ob es wirklich zur avisierten Harmonie kommt.

Angezählt sind nun beide Beteiligten, aber Keller muss fortan mit dem Ruf leben, sich in einer zentralen Machtfrage nicht durchgesetzt zu haben. Denn zuletzt war es für Curtius enorm eng geworden. Noch am Mittwoch hatte ein Krisengespräch zwischen den beiden stattgefunden, ohne Ergebnis. Es war sogar die Rede davon, dass sich Keller die Auflösung von Curtius' Vertrag wünsche, was der DFB auf Anfrage nicht verneinte. Curtius sagte dann kurzfristig seine Teilnahme an der Präsidiumssitzung ab - mit klarem Hinweis auf den Konflikt mit Keller. Zugleich schlug er eine Mediation unter Hinzuziehung zweier neutraler DFB-Präsidialen vor. Nach Angaben aus Teilnehmerkreisen herrschte im Präsidium dann die Stimmung vor, dass nicht Curtius gehen müsse, sondern sich die beiden Protagonisten zusammenraufen sollten.

Die genauen Modalitäten des Annäherungsprozesses sind dem Vernehmen nach aber noch nicht fixiert, zumal Curtius zuletzt kaum in der Zentrale war, weil er sich bei einem Sturz beide Arme brach. Gleichwohl bleiben aber die inhaltlichen Themen bestehen, an denen sich zuletzt die großen Dissonanzen innerhalb des Verbandes entzündeten. Es geht um den Umgang mit dem Steuerstrafverfahren, in dem Generalsekretär Curtius wie auch Vizepräsident Rainer Koch und Schatzmeister Stephan Osnabrügge zu den Beschuldigten zählen, auch wenn sie Verfehlungen strikt zurückweisen und externe Prüfer sie dabei unterstützten.

Aber das andere Thema ist der angemessene Umgang mit der schmutzigen Vergangenheit des Verbandes rund um die Fußball-WM 2006. Der geht gerade die Berliner Beratungsfirma Esecon im Rahmen einer Generalinventur nach. Vor diesem Hintergrund dürfte sich bald zeigen, was die Worte vom Freitag wert sind. "In der heutigen Sitzung habe ich meine Vorstellung der Art und Weise der Zusammenarbeit noch einmal klar zum Ausdruck gebracht", sagte Keller. Wichtig sei, "Unstimmigkeiten mit offenem Visier zu diskutieren und Schritt für Schritt aus dem Weg zu räumen, um unseren gemeinsamen Zielen näherzukommen".

Curtius erklärte, Missverständnisse kämen in jedem Team vor, "und es ist an uns, diese schrittweise gemeinsam im Sinne des Fußballs zu lösen". Zugleich eröffnete das Präsidium am Freitag die nächste Baustelle. Es schlug wie erwartet vor, dass Vize Koch weiter den deutschen Fußball im Vorstand von Europas Fußball-Union Uefa vertreten soll - und der frühere Schalker Finanzvorstand Peter Peters im Rat des Weltverbandes Fifa. In Letzterem ist der DFB seit dem Rückzug von Reinhard Grindel im April 2019 nicht mehr vertreten. Ob der Plan mit Peters gelingt, ist unklar. Es gibt für den DFB kein automatisches Recht auf ein Mitglied in der Fifa-Führung. Im März werden fünf europäische Plätze im Fifa-Rat neu vergeben; wer sie bekommt, entscheidet die Uefa.

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SZ vom 24.10.2020
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