Süddeutsche Zeitung

Deutsche Nationalmannschaft:Löw muss das frühe WM-Aus erklären

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Von Johannes Aumüller, Frankfurt

Etwas mehr als ein Dutzend Personen werden es sein, die sich an diesem Dienstag in Frankfurt in den Räumen der Deutschen Fußball Liga (DFL) versammeln. Der Bundestrainer Joachim Löw ist da, der Nationalelf-Manager Oliver Bierhoff, verschiedene Vertreter von Bundesliga-Klubs, und dazu der Liga-Boss Reinhard Rauball sowie Reinhard Grindel als Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Ihr Tagesordnungspunkt: die Aufarbeitung des frühen deutschen WM-Ausscheidens und die Folgen.

Diese Runde bildet den Auftakt einer Woche voller Treffen, in denen sich die sportliche Leitung erklären muss. Dafür treffen Löw und Bierhoff also zuerst die Vertreter des Profilagers. Am Freitag kommen sie dann ins DFB-Präsidium. Und in einer Woche, wenn die Nominierung des Kaders für das nächste Länderspiel gegen Frankreich (6. September) ansteht, soll auch die Öffentlichkeit offiziell erfahren, welche Konsequenzen der Bundestrainer aus dem WM-Aus zieht.

Kurz vor den Treffen zählt Präsident Grindel den Manager Bierhoff an

"Tiefgreifende Veränderungen" - das war das Schlagwort unmittelbar nach dem Turnier. Jetzt sind fast zwei Monate vergangen, und es ist die Frage, ob sich wirklich etwas tut. Oder ob sich das Ganze nicht als große Schein-Aktion erweist, deren Verlauf zwar mit markigen Worten wie "Wochen der Wahrheit" aufgeladen werden kann, die aber am Ende nur zu überschaubaren Veränderungen führen.

Es sind vor dieser Woche der vielen Treffen jedenfalls ein paar bemerkenswerte Zitate im Umlauf. So erläuterte etwa DFB-Präsident Grindel am Sonntag in einem Interview mit der Bild, was hinter seiner Forderung von den "tiefgreifenden Veränderungen" stecke. "Das meine ich weniger in personeller Hinsicht als mehr von der Art des Auftritts: mehr Einsatz, mehr Bereitschaft, alles zu geben", sagte er, "gepaart mit einer nachvollziehbaren Spielidee."

Da wäre zwar die Frage, warum es zu der Erkenntnis, dass mehr Einsatz und eine nachvollziehbare Spielidee wichtig sind, fast zwei Monate braucht. Aber in jedem Fall klingt das eher nicht nach einem großen personellen Schnitt im Sportlichen. Mesut Özil hat seinen Rücktritt erklärt, Mario Gomez ebenso (und mit einem Hintertürchen versehen). Und bei Sami Khedira ließ sich bei seiner Erklärung, weiter zur Verfügung zu stehen, zwischen den Zeilen schon herauslesen, dass es ihn nicht verblüffen würde, sollte er erst mal keine Einladung erhalten. Doch ansonsten?

Für das Label "Die Mannschaft" ist Bierhoff verantwortlich

Aber neben der sportlichen Frage geht es ja auch um das Thema, was sich organisatorisch und strukturell rund um die Nationalmannschaft tut - und das insbesondere mit Blick auf die Beziehung zwischen der Mannschaft und dem DFB. In der Ära Löw/Bierhoff hat sich das Team immer mehr als eigener Planet verstanden, kulminierend in der Kreierung und Vermarktung des Begriffes "Die Mannschaft". So manche Mitglieder des DFB-Präsidiums wollen das korrigieren. Und dazu passte nicht zuletzt, dass Grindel in seinem Interview auch Oliver Bierhoff anzählte.

Der ist seit einer Strukturreform Anfang des Jahres nicht nur Manager der Nationalmannschaft, sondern der Direktor für den Leistungssport. Formal war das eine Aufwertung, aber in diese Personalie spielte schon damals mit rein, Bierhoff und damit die Nationalmannschaft wieder enger an den Verband zu binden. Nun monierte Grindel also, dass die Delegation bei der WM nicht genügend aus dem Mannschaftsquartier erfahren habe. Er teilte mit, dass sich Bierhoff mit seinen vielen Funktionen in den nächsten Monaten "selbst überprüfen" müsse, ob er das alles leisten könne. Und dann fing er auch noch an, das Label "Die Mannschaft" infrage zu stellen - für das Bierhoff verantwortlich zeichnet.

Im Profilager hingegen sieht man das anders. Dort wünscht sich manch einer noch mehr Macht. Man müsse "die Nationalmannschaft aus den Verbandsstrukturen herauslösen, in ein eigenes Projekt", sagte etwa Bayern-Boss Uli Hoeneß am Sonntag bei Sky. Er stelle sich wie bei den Profiklubs ein "eigenes professionelles Management" vor.

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Quelle:
SZ vom 21.08.2018
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