Süddeutsche Zeitung

Mavericks in der NBA:Dallas irrlichtert durch die Liga

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Während Dirk Nowitzki die nächste Basketballer-Ehre bevorsteht, steckt sein alter Klub in einer Krise. Trotz des Gespanns Luka Doncic und Kyrie Irving drohen die Mavs die Playoffs zu verpassen - dabei war der große Aufbruch geplant.

Von Jonas Beckenkamp

Zur Abwechslung gab es in dieser Woche mal positive Nachrichten aus Dallas. Sie betrafen einen, der für bessere Tage steht, und wenn man ehrlich ist, wird es höchste Zeit: Dirk Nowitzki, mittlerweile als Sonderberater bei den Dallas Mavericks tätig, seinem alten Klub, soll im Sommer in die Hall of Fame der NBA aufgenommen werden. Er bekommt dann einen Platz in der Reihe der Berühmtesten des Basketballs. Wenn es sich bei aktuellen Meldungen um keinen Aprilscherz handelt, wird die Sache an diesem Samstag beschlossen.

In seiner Blütezeit schulterte der Würzburger das Schicksal der Mavericks fast alleine, aber das ist lange her. In der Gegenwart ist kein neuer Nowitzki in Sicht - und noch weniger sieht es derzeit nach ähnlichen Erfolgen wie dem Titelgewinn im Jahr 2011 aus. Aktuell irrlichtert Dallas durch die Liga wie ein fehlgeleiteter Ozeankreuzer. Es passt alles nicht mehr zusammen, was man vor einigen Wochen als großen Aufbruch Richtung Meisterschaft verkauft hatte.

Das 108:116 in der vergangenen Nacht gegen die Philadelphia 76ers beförderte die Mavs näher heran ans sportliche Desaster - und weiter weg von den Playoffs. Platz elf im Westen der NBA, das würde wenige Spieltage vor Saisonende nicht einmal für die Hoffnungsrunde reichen. Es geht eng zu zwischen Dallas, Oklahoma City, den New Orleans Pelicans, den Utah Jazz und auch den LA Lakers, noch sind fünf Partien zu spielen, aber derzeit wirken die Texaner wie der große Verlierer. Trotz Luka Doncic. Trotz Kyrie Irving. Trotz des talentiertesten Duos der Liga.

"Andere Teams haben die K.-o.-Runde längst klargemacht, und bei uns fühlt es sich ehrlicherweise nach einem riesigen Durcheinander an", erklärte der gerade verpflichtete Irving die Situation. Als der 31-jährige Dribbelmeister Anfang Februar aus Brooklyn geholt wurde, geriet die NBA kurzzeitig in Wallung. Dallas war mit ihm "all in" gegangen, der Verein opferte im Tausch Teile seines personellen Grundgerüsts. Jetzt oder nie, so das Motto, zusammen mit Doncic sollte Irving es vorne richten, 60 bis 70 Punkte pro Partie schienen garantiert zu sein.

Mit Doncic und Irving verlor Dallas 14 von 20 Partien und bangt nun um die Playoff-Teilnahme

Dann folgten 14 Niederlagen bei bisher 20 gemeinsamen Auftritten. Es ist das eingetreten, wovor alle Kritiker gewarnt hatten: In einem Wettbewerb, der im Saisonfinish vermehrt auf Eingespieltsein, Stabilität und Abwehrarbeit fußt, reichen zwei Offensiv-Anführer nicht aus. Bei den Mavericks hat sich eine seltsame Lethargie eingestellt, sie reicht von erstaunlichen Aussagen Doncics bis zur Hilflosigkeit von Trainer Jason Kidd. Nach der ersten von zwei Niederlagen gegen das eigentlich schwache Team der Charlotte Hornets am vergangenen Wochenende deutete der sonst so selbstsichere Doncic gar persönliche Probleme an.

"Es ist sehr frustrierend", nuschelte er auf einer Pressekonferenz ins Mikrofon, "manchmal glaube ich, dass nicht ich da auf dem Feld stehe." Er habe zwar Spaß und lache auch, "aber in letzter Zeit war alles so frustrierend, und das hat nicht nur mit Basketball zu tun. Ich rede nicht über mein Privatleben, aber derzeit laufen viele Dinge nicht, wie ich es möchte". Was genau ihn so deprimiert, darüber kann nur spekuliert werden. Fest steht, dass der Slowene zuletzt einen Rechtsstreit gegen seine eigene Mutter verlor. Als er ein Teenager war und sich seine Weltkarriere bereits andeutete, sicherte sie sich das Markenrecht am Label "Luka Doncic 7". Nun wollte der 24-Jährige sein eigenes Branding "Luka Doncic" registrieren lassen - doch das ließ das US-Marken- und Patentamt nicht zu, und Mama Doncic weigert sich, ihre Ansprüche aufzugeben.

Dass Luka Doncic emotional angefasst ist, zeigt trotz seiner immer noch rekordnahen Punkteausbeute (fast 33 Zähler pro Partie) auch sein Verhalten auf dem Parkett. Kürzlich verdonnerte ihn die Liga zu einer Strafe von 35 000 Dollar, weil er den Schiedsrichtern mit einer Geste Käuflichkeit vorwarf. Kurz darauf entging er einer Sperre wegen insgesamt 16 Technischer Fouls in dieser Spielzeit nur knapp, weil seine nächste Tirade Richtung Referees von den NBA-Regelhütern nachträglich aufgehoben wurde.

Coach Kidd verteidigte seinen Besten, er bekomme halt viel ab, wenn er gegen die Muskelprotze des Betriebs zum Korb ziehe. Neben Kraftausdrücken wie "Hundemist" (über die eigene Leistung gegen die Hornets) fällt dem früheren Meister-Dirigenten aber wenig ein, um sein Team auf den richtigen Weg zu lenken. "Es ist immer noch alles möglich", sagte er, "es geht nur gemeinsam als Mannschaft, wir sind nicht nur Luka und Kyrie." Genau das scheint aber das Problem zu sein: Basketball spielt man bekanntlich zu fünft - und nicht nur mit zwei Akteuren.

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