Süddeutsche Zeitung

Borussia Dortmund:Doch noch zu bändigen

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Von Felix Meininghaus, Madrid

Der Fußball-Trainer Diego Simeone kann ein Naturereignis sein, das zeigt sich vor allem daran, wie er mitleidet, wenn seine Mannschaft Fußball spielt. Wie ein Tiger im Käfig läuft der Trainer von Atlético Madrid durch die Coaching Zone. Er brüllt seine Spieler an, animiert das Publikum und regt sich über die Entscheidungen des Schiedsrichters auf.

Das alles hat viel Kraft und hinterlässt beim Gegner Eindruck. Spiele beim zweiten Spitzenklub aus der spanischen Hauptstadt gehören zum Schwierigsten, was der europäische Fußball zu bieten hat. Das wissen sie bei Real, Barca, Bayern München und nun auch in Dortmund. Von den 21 Heimspielen, die Atlético in den vergangenen Jahren in der Champions League absolviert hat, blieb Simeones Team 17 Mal ohne Gegentor.

Das gelang auch dieses Mal, die Gastgeber schlugen Borussia Dortmund mit 2:0 (1:0) durch Treffer von Saul Niguez (33.) und Antoine Griezmann (80.) und zelebrierten eine Lehrstunde in cleverem und durchdachten Fußball. Für den BVB war es im 16. Pflichtspiel unter Lucien Favre die erste Niederlage. Es war eine, die den Verein nicht in größere Sorgen stürzen wird, wie alle Beteiligten glaubhaft versicherten. "Es war die erste Niederlage, aber das Leben geht weiter", sagte Kapitän Marco Reus. Und Abwehrspieler Manuel Akanji ergänzte: "Gegen Atlético kann das mal passieren."

Sebastian Kehl, seit einigen Monaten Leiter der Lizenzspieler-Abteilung, fand es "ungewohnt, eine Niederlage zu erklären. Aber es war klar, dass sie irgendwann kommt. Und sie war verdient. Das ist nun wirklich kein Beinbruch, damit können wir leben."

"Wir hatten den Ball in Bereichen, in denen es dir nicht hilft"

Auch Trainer Favre wirkte gelassen, als er eine Viertelstunde nach dem Abpfiff zur Pressekonferenz erschien: "Wir haben gegen eine sehr, sehr gute Mannschaft verloren. Atlético ist seit sieben, acht Jahren top in Europa. Wir haben versucht, das Spiel zu machen, aber dabei zu viele Fehler produziert. Zu viele Ballverluste."

Atléticos Trainer Diego Simeone hatte den BVB vor dem Spiel fast überschwänglich gelobt. Angesichts des 0:4 in Dortmund, der höchsten Niederlage seiner Amtszeit, sprach der Argentinier von einem Gegner, "der sich in fantastischer Form befindet. Sie gehören gerade zu den besten Mannschaften in Europa."

Simeone und seine Mitstreiter hatten offensichtlich die richtigen Lehren aus der Klatsche von Dortmund gezogen. Atlético agierte diesmal wesentlich kompakter und ließ dem Gegner kaum Platz zur Entfaltung. Die 90 Minuten wurden zum Anschauungsunterricht, wie man sich einen Gegner zurechtlegt und ihn dann abserviert. Atlético ließ den BVB laufen, überließ ihm 68 Prozent Ballbesitz, um dann die Nadelstiche zu setzen, die richtig weh tun.

32 Prozent Ballbesitz reichten den Gastgebern aus, um 15 Torschüsse zu kreieren und nur vier Abschlüsse des Gegners zuzulassen. Von denen flog dann nicht einer aufs Tor, für Borussia Dortmund ist das der schlechteste Wert, seit 2003 in der Champions League Daten erhoben werden. "Wir hatten den Ball in Bereichen, in denen es dir nicht hilft", analysierte Kehl.

Der FC Bayern, Gegner am Samstag in der Bundesliga, wird sich das genau anschauen und versuchen, die richtigen Schlüsse zu ziehen. Dem Gegner den Ball überlassen, wenn er sich nicht in den gefährlichen Zonen befindet, die Räume verdichten und die defensiven Taktgeber Axel Witsel und Thomas Delaney zustellen - so ist dem BVB mit seiner enormen offensiven Kraft beizukommen.

"Atlético hat die Räume sehr eng gemacht, das war sehr schwer für uns", sagte Reus, "Wir haben nur wenige Lösungen gefunden." Nun geht es darum, mit der ersten Saisonniederlage richtig umzugehen. In Madrid verweigerte sich Favre der Frage nach dem Spitzenspiel gegen die Bayern. Kehl sprach von einem "Lernprozess für die junge Mannschaft. Alles gut." Die Vorfreude auf den deutschen Classico wollen sie sich im Revier durch den Rückschlag nicht nehmen lassen. "Heute ist Dienstag, da bleibt noch genügend Zeit, sich auf Samstag vorzubereiten", sagt Kehl: "Wir haben ein Heimspiel. Und es wird hitzig."

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