Süddeutsche Zeitung

Bundesliga: Wolfsburg - Bremen:Ein Akt göttlicher Gerechtigkeit

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Ein langweiliger Kick, zwei verschossene Elfmeter: Das Unentschieden zwischen dem VfL Wolfsburg und Werder Bremen liefert beiden Klubs die Erkenntnis, dass es in dieser Saison erstmal um den Klassenerhalt geht.

Jürgen Schmieder

Der Deutschen Fußball-Liga ist ein peinlicher Fehler unterlaufen an diesem Wochenende. Im Plan für den 15. Spieltag der Bundesliga war die Partie VfL Wolfsburg gegen Werder Bremen vermerkt, was natürlich nicht stimmte. In der Wolfsburger Arena fand ein Zweikampf statt zwischen Diego und der Bremer Defensive. Der Brasilianer ging zwar als Punktsieger aus diesem Duell hervor - weil aber sowohl Torsten Frings und Edin Dzeko jeweils einen Elfmeter verschossen, endete die Partie mit 0:0.

Sowohl in Wolfsburg als auch in Bremen wissen die Verantwortlichen nicht so recht, was sie anfangen sollen mit dieser Spielzeit. Schöne Siege (Wolfsburgs 2:0 gegen Stuttgart, Bremens 3:0 gegen St. Pauli) wechseln sich ab mit grotesken Niederlagen (Wolfsburgs 3:4 gegen Mainz, Bremens 0:6 in Stuttgart) - und dieser 15. Spieltag sollte ein Indiz für beide Vereine liefern, ob diese Saison griffig wird oder aus den Händen zu gleiten droht.

Für beide Vereine ging es nicht zuletzt darum, herausragenden Spielern im Kader Argumente für einen Verbleib zu liefern. Edin Dzeko liebäugelt mit einem Wechsel zu Real Madrid - Berater Irfan Redzepagic sagte: "Natürlich mögen wir Real Madrid. Das ist ein vorzüglicher Klub." Allerdings scheint der spanische Klub auch den Bremer Hugo Almeida als möglichen Zugang ins Auge gefasst zu haben. Natürlich sehen sich Dzeko und Almeida als Champions-League-Teilnehmer und nichts als Kaderspieler eines Abstiegskandidaten.

Das Privatduell von Diego mit der Bremer Defensive begann in der siebten Minute, als der Brasilianer an der Strafraumgrenze gefoult wurde und den Freistoß an die Fäuste des Bremer Torhüters drosch. Acht Minuten später wurde Diego schön freigespielt, traf jedoch aus neun Metern wieder nur Wieses Fäuste. Vier Minuten später wollte Diego nur ja nicht wieder Wiese treffen, also schoss er den Ball lieber neben das Tor.

Weil sich Diego offensichtlich nicht ausgelastet fühlte von den Dribblings um die Slalomstangen in Bremer Trikots, lieferte er sich auch noch kleines Wortgefecht mit Schiedsrichter Aytekin und sah die gelbe Karte - womit er nach Recherchen von sueddeutsche.de den bislang von Stefan Effenberg gehaltenen Bundesliga-Rekord für die meisten Verwarnungen wegen Meckerns einstellte.

Es war ein munteres Duell in den ersten 35 Minuten, weil die ersatzgeschwächten Bremer in der Defensive der Show des Alleinunterhalters Diego gespannt zusahen, aber gelegentlich auch ansehnliche Angriffe inszenierten, denen die Wolfsburger Defensive gespannt zusah. Philipp Bagfrede schoss aus 18 Metern knapp neben das Tor (10.), Marko Arnautovic scheiterte nach einer feinen Einzelleistung (28.) ebenso an Diego Benaglio wie Marko Marin (32.). Danach zogen sich die Bremer wieder zurück, und weil auch Diego eine Kunstpause einlegte, waren die verbleibenden zehn so interessant wie Kaugummikauen.

In der zweiten Halbzeit begannen die Bremer aktiver, ohne sich jedoch klare Gelegenheiten zu erspielen - vielmehr prüfte Arnautovic mit seinen Schüssen wiederholt die Reaktionsfähigkeit der Zuschauer hinter dem Wolfsburger Tor. Die Wolfsburger vertrauten weiterhin der eindimensionalen Taktik, Diego den Ball anzuvertrauen und dann aus dem Weg zu gehen. Wohlgemerkt: Sie liefen sich mitnichten frei, sondern versuchten tatsächlich, den Brasilianer nur ja nicht zu stören. Weil Diego jedoch seine Kunstpause verlängerte, hatten die Bremer weniger Mühe als noch in der Halbzeit, die Angriffe des Gegners zu stoppen.

Erst nach 60 Minuten sahen Diegos Kollegen ein, dass sie sich auch am Offensivspiel beteiligen durften - und schon gab es einen ansehnlichen Angriff. Josué passte auf Riether, der den Ball in den Strafraum jagte. Dort musste Mertesacker gegen zwei Wolfsburger Angreifer klären.

Danach folgte das Elfmeterduell der beiden Vereine - mit dem Bremen und Wolfsburg mit zwei verschossenen Strafstößen innerhalb von drei Minuten einen neuen Bundesliga-Rekord aufstellten. Zuerst protestierten die Wolfsburger, weil ihnen der Zweikampf zwischen Barzagli und Bagfrede nicht elfmeterwürdig vorkam - und sie sahen es als Akt göttlicher Gerechtigkeit, dass Frings den Ball nicht im Tor unterbringen konnte.

Dann protestierten die Bremer, weil ihnen der Zweikampf zwischen Prödl und Mantzukic nicht elfmeterwürdig vorkam - und sie sahen es als Akt göttlicher Gerechtigkeit, dass Dzeko bei seinem Versuch die Reaktionsfähigkeit der Zuschauer hinter dem Bremer Tor prüfte.

So blieb es bei diesem 0:0, das - bis auf die drei Elfmeter-Minuten - genauso schrecklich war wie es klingt. Immerhin wissen beide Vereine nun, was sie mit dieser Saison anfangen sollen. Es wird eine ganz knifflige Spielzeit, in der erst zuvorderst darum geht, die Klasse zu erhalten.

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