Süddeutsche Zeitung

Basketball-WM:Deutschland filetiert Slowenien

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Nach schwachem Start und einer Auseinandersetzung der beiden besten Akteure Dennis Schröder und Daniel Theis steigert sich die deutsche Mannschaft - und zeigt beim 100:71-Sieg gegen Slowenien eine überragende Leistung.

Von Ralf Tögel, Okinawa

"Manchmal muss man strategisch vorgehen", erklärte Dennis Schröder grinsend. Damit meinte der Kapitän der deutschen Basketball-Nationalmannschaft aber keineswegs irgendwelche taktischen Kniffe beim überragenden 100:71-Sieg gegen die bis dahin ungeschlagenen Slowenen um Luka Doncic. Schröder sprach von einer kernigen Auseinandersetzung Mitte des ersten Viertels mit Daniel Theis: "Wir spielen zusammen Basketball, seit wir Kinder sind, da sagt der eine dem anderen, wenn ihm etwas nicht gefällt." Als sich Gordon Herbert einmischte, geriet Schröder auch mit dem Trainer kurz aneinander und musste mit Theis erst einmal auf der Bank Platz nehmen.

Bis dahin war das Spiel der deutschen Mannschaft wenig ansehnlich, Slowenien dominierte und zog, angeführt von Doncic, auf 25:11 nach dem ersten Viertel davon. Aber Schröders Weckruf zeigte Wirkung, bis zur Halbzeit war die Partie gedreht, und nach einer Umarmung der beiden Kombattanten und der fälligen Aussprache in der Kabine filetierte das deutsche Team den hoch eingeschätzten Gegner wie ein Sushi-Koch seinen Thunfisch und fliegt als einer der Medaillenfavoriten zur K.o.-Runde nach Manila. Durch den Sieg von Mitfavorit Kanada in der Parallelgruppe gegen Weltmeister Spanien trifft die Auswahl des Deutschen Basketball Bundes (DBB) im Viertelfinale nun auf Lettland. Damit ist der Titelverteidiger ausgeschieden - und das deutsche Team am kommenden Mittwoch (10.45 Uhr/Magentasport) klarer Favorit gegen den Außenseiter.

"Durch Reibung wird man besser": Der kurze Zwist zwischen Schröder und Theis scheint das Team nur noch mehr zu beflügeln

"Durch Reibung wird man besser", ordnete Moritz Wagner den Zwischenfall hernach grinsend ein, der Profi der Orlando Magic hatte sich selbst ein kleines Scharmützel auf dem Feld geliefert - allerdings mit dem slowenischen NBA-Promi Doncic. Man kennt sich aus der nordamerikanischen Liga, auch diese Auseinandersetzung war nach der Partie beigelegt.

Der slowenische Topspieler hingegen erlebte keinen schönen Abend. Zwar war Doncic mit 23 Punkten bester Akteur seiner Mannschaft, aber die deutschen Verteidiger setzten ihm in wechselnder Besetzung arg zu, wobei sich vor allem Theis und Isaac Bonga hervortaten. Doncic ist von keinem Gegner ganz aus dem Spiel zu nehmen, die deutsche Defensive agierte aber einmal mehr aggressiv und sehr wirkungsvoll, kein Spieler des Gegners bekam einfache Wurfgelegenheiten, vor allem Doncic musste leiden. Der Ausnahmespieler begann schon früh zu lamentieren und sich bei den Referees zu beschweren, in der Schlussphase blieb er ganz auf der Bank.

Das deutsche Team überzeugte erneut durch mannschaftliche Geschlossenheit, trotz Zwists, aber gerade die beiden Streithähne wussten, frisch versöhnt, besondere Glanzlichter zu setzen: Schröder führte überragend Regie, erzielte mit 24 Punkten den Bestwert des Abends und gab seinem Kindergartenkumpel immer wieder Alley-oop-Vorlagen, die Theis in der Luft fing und per Dunking in den slowenischen Korb hämmerte. Der Center sammelte 14 Zähler, zudem punkteten in Bonga (12), Niels Giffey und Moritz Wagner (je 10) drei weitere Spieler zweistellig. Gerade die bisher beste Leistung des Münchner Routiniers Giffey war Beleg für die immer wieder gezeigte Breite im Kader, die es Trainer Herbert vereinfacht, Spielanteile auf alle Schultern zu verteilen.

Schröder nach Verletzung wieder dabei - Franz Wagner muss erneut passen

Zwar zeigte Schröder, dessen Einsatz nach seiner Rückenverletzung aus dem Georgien-Spiel zunächst fraglich war, wie wichtig er als Spielgestalter und Anführer ist, gleichwohl blieb in Franz Wagner der zweite Schlüsselspieler erneut auf der Bank. Herbert konnte dem 22-jährigen Profi der Orlando Magic somit zwei weitere Tage zur Wiederherstellung seines maladen Sprunggelenks gönnen, denn die Mannschaft wusste diesen Verlust problemlos zu kompensieren.

"Natürlich gibt uns das weiteres Selbstvertrauen", sagte Bonga, der erneut vorne wie hinten eine starke Leistung bot, und ja, man wisse schon, dass die Konkurrenz das deutsche Team spätestens jetzt auf dem Zettel habe. "Eine Medaille war aber auch schon vorher das Ziel", bekräftigte er, aber "der Trainer sorgt schon dafür, dass wir am Boden bleiben."

Herbert lobte vor allem seine Defensive, die es geschafft habe, in Doncic den wohl besten Spieler des Turniers weitgehend zu kontrollieren. Zu dem Vorfall im ersten Viertel meinte der Kanadier in seiner typisch ironischen Art: "Dennis und Daniel haben sich über ihre frühere Zeit in Braunschweig unterhalten." Dann habe er Dennis ausgewechselt, basta. Der Rest werde intern geregelt.

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