Süddeutsche Zeitung

Lettland bei der Basketball-WM:Der gefährliche Außenseiter

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Das Team aus Lettland, Viertelfinalgegner der Deutschen, ist die Überraschungsmannschaft der WM - aber Siege gegen Frankreich und Spanien sollten eine Warnung sein. Denn NBA-Power hat auch diese Equipe.

Von Ralf Tögel, Okinawa

Da können die deutschen Basketball-Nationalspieler noch so warnen vor dem Gegner im Viertelfinale am Mittwoch (10.45 Uhr deutscher Zeit, Liveticker SZ.de und live auf Magentasport) in Manila, die Favoritenrolle werden sie nicht los. Im Gegenteil: Nach der bravourösen Vorrunde und den beiden deutlichen Siegen in den Überkreuzspielen gegen Georgien (100:73) und Slowenien (100:71) sehen viele das deutsche Team sogar als einen der Anwärter auf den Titel. Neben der Auswahl des Deutschen Basketball Bundes (DBB) hat nur Litauen alle Spiele gewonnen. Teams wie Kanada oder die USA hingegen, vor dem WM-Turnier in Japan, Indonesien und den Philippinen als Medaillengaranten gehandelt, bekamen nach Niederlagen ordentliche Kratzer ab.

So geht das Team aus Lettland jedenfalls als krasser Außenseiter in das K.o.-Spiel gegen die Deutschen, daran ändern auch die respektvollen Worte von Trainer Gordon Herbert wenig: Klar, die Letten seien die "große Überraschung des Turniers, aber sie spielen sehr, sehr gut Basketball". Herbert kennt die Stärke der lettischen Distanzwerfer, ihre gute und aggressive Defensivarbeit sowie den enormen Teamspirit. Letzterer dürfte durch die Herausforderung Aufgabe sogar steigen, denn ein vermeintlich aussichtsloses Unterfangen schweißt ein Kollektiv nicht selten noch enger zusammen.

Wie gut diese lettische Basketballmannschaft spielen kann, mussten bereits die Franzosen (86:88-Niederlage) in der Vorrunde und die Spanier im Überkreuzspiel (69:74) erfahren. Sowohl der Olympiazweite als auch der Weltmeister waren klar besser eingeschätzt worden - und damit in einer ähnlichen Situation wie das deutsche Team jetzt. Nun sind beide Teams mit den Planungen für die Heimreise beschäftigt. So weit will es die deutsche Abordnung nicht kommen lassen.

Flügelspieler Davis Bertans spielt bei Oklahoma City Thunder

Co-Kapitän Johannes Voigtmann ist jedenfalls auf der Hut: "Ein sehr gefährliches Team, das super zusammen spielt und viele gute Werfer hat." Und die Letten fühlen sich wohl in ihrer Rolle, man habe nichts zu verlieren, sagt Trainer Luca Banchi, der auch eine kurze Station in der Basketball-Bundesliga erlebte. 2018 übernahm er Brose Bamberg für den geschassten italienischen Landsmann Andrea Trinchieri, musste aber nach nur drei Monaten ebenfalls gehen.

In Indonesien, wo die Letten ihre Vorrunde absolvierten, lief es deutlich besser, obwohl Banchi auf seinen wichtigsten Akteur verzichten musste: Der 2,21 Meter lange Center Kristaps Porzingis von den Boston Celtics ist an der Ferse verletzt, wird sein Team aber moralisch unterstützen - gemeinsam mit 2000 Fans aus der Heimat, die nach Djakarta gereist sind. Ein NBA-Profi ist noch dabei, Flügelspieler Davis Bertans (Oklahoma City Thunder) verdient sein Geld seit vielen Jahren in der US-Profiliga. Er ist neben Rodions Kurucs (einst ebenso in der NBA, heute in Murcia) und Rolands Smits vom Euroleague-Klub Zalgiris Kaunas der prominenteste Akteur im Kader.

Kein Vergleich zum deutschen Team, das im bisherigen Turnierverlauf ähnliche Qualitäten bewiesen hat: äußerst starke Verteidigung, viel Disziplin und großen Teamspirit. Darüber hinaus ist die Mannschaft von Gordon Herbert deutlich besser besetzt und hat auch in der Offensive viel zu bieten - allen voran natürlich Kapitän Dennis Schröder, der ein Spiel alleine entscheiden kann. Im deutschen Kader tummeln sich NBA- und Euroleague-Spieler, das Team verfügt zudem über eine ausgewogene Mischung aus jungen und erfahrenen Akteuren, außerdem weiß jeder seine Qualitäten scheinbar auf Knopfdruck einzubringen.

Wie Isaac Bonga, der 23-Jährige hat kein Problem mit der Favoritenrolle, schließlich sei das erklärte Ziel eine Medaille. "Wir wissen, was wir können, und glauben an uns."

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