Süddeutsche Zeitung

Gelb-Rot gegen Lewandowski:Barcelona zürnt Señor Gil Manzano

Lesezeit: 2 min

Robert Lewandowski fliegt zum ersten Mal seit neun Jahren vom Platz, Gerard Piqué sieht nach einer verbalen Entgleisung Rot. Schon häufiger fühlten sich die Katalanen von Schiedsrichter Jesús Gil Manzano benachteiligt.

Von Javier Cáceres

In der Nacht zum Mittwoch konnte man im spanischen Fußball lernen, wie detailliert Schiedsrichter die nationalen Unterschiede nonverbaler Kommunikation beachten müssen. Robert Lewandowski, seit ein paar Monaten Spieler des FC Barcelona, war in der Ligapartie seines neuen Klubs bei CA Osasuna bereits nach 30 Minuten mit Gelb-Rot vom Platz gestellt worden - und sorgte anschließend für zusätzliches Aufsehen. Als der Torjäger den Rasen verließ, deutete er immer wieder auf seine Nase und zeigte auf Referee Jesús Gil Manzano, was den einen oder anderen spanischen Fan ratlos zurückließ: Wollte der Pole etwa andeuten, dass sich Gil Manzano die Nase gepudert habe? Mit einem Pulver, das man nicht in einer herkömmlichen Drogerie erwerben kann?

Der frühere Schiedsrichter Eduardo Iturralde González griff im Rundfunk beruhigend in die Aufregung ein: Er habe gelernt, dass Lewandowskis Geste ein Zeichen sei, mit dem in Mitteleuropa hochnäsige Menschen gebrandmarkt würden. Im Spielbericht enthielt sich Gil Manzano jeglicher Interpretation der Geste Lewandowskis, die über das Offenkundige hinausging: Der Spieler habe sein Unverständnis über die Ampelkarte gezeigt, notierte er. Gelb-Rot bedeutete Lewandowskis ersten Platzverweis seit dem 9. Februar 2013 - bei einem Dortmunder 1:4 gegen den Hamburger SV.

Den Schiedsrichter zu verspotten, zieht üblicherweise in Spanien drei Spiele Sperre nach sich. Es gab aber noch eine weitere, viel unmittelbarere Folge der Szene. Lewandowskis Noch-Teamkamerad Gerard Piqué nutzte die Gelegenheit, um Gil Manzano zu sagen, was er ihm immer schon mal sagen wollte. Piqué, 35, hatte in der vergangenen Woche überraschend seinen Rücktritt vom Profifußball angekündigt. Am Dienstagabend war er Ersatzspieler - und flüsterte dem Referee auf dem Weg in die Kabine ins Ohr, dass das Ganze eine Schande sei und dass er, Gil Manzano, mit Abstand der Schiedsrichter gewesen sei, der Barcelona am häufigsten geschadet hätte. Allerdings sagte Piqué das nicht exakt so, sondern mit Ausdrücken aus der Vulgär-Schublade - und versehen mit einem Gruß an Gil Manzanos Mutter. Die Folge: Piqué sah als Reservist glatt Rot.

Der Lebenslauf von Gil Manzano weist tatsächlich so viele Zwischenfälle bei Barcelona-Spielen auf, dass Piqués verbaler Ausfall erklärbar war. In 33 Partien mit Beteiligung Barcelonas hat Gil Manzano den Katalanen zehn Mal Rot gezeigt. Die in Katalonien beheimatete Zeitung Sport erkannte darin eine Form der "Inkontinenz". Zu den "Opfern" des Schiedsrichters aus der Extremadura zählten Dani Alves, Neymar, Luis Suárez und sogar Lionel Messi. Der Argentinier, mittlerweile zu Paris Saint-Germain abgewandert, wurde in 778 Pflichtspielen für Barça ein einziges Mal vom Platz gestellt - beim spanischen Supercup 2021. Durch Gil Manzano.

Am Dienstag war einer der Gründe für den Zorn der Katalanen, dass Gil Manzano und der Videoschiedsrichter bei der frühen 1:0-Führung für Osasuna (6.) durch David García ein Foul von Unai García an Barça-Verteidiger Marcos Alonso übersehen hatten. In Unterzahl, nach Lewandowskis Hinausstellung, drehten allerdings der spanische Nationalspieler Pedri (48.) und Raphinha (85.) die Partie noch in ein 2:1 für Barcelona. Und weil Meister Real Madrid tags zuvor in Vallecano überraschend verloren hatte (2:3), weiß der FC Barcelona nun, dass er die anstehende WM-Pause als Tabellenführer antreten wird. Barça hat bei einem ausstehenden Spiel Reals (am Donnerstag gegen Cádiz) fünf Punkte Vorsprung auf den Rekordmeister.

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