Süddeutsche Zeitung

Affäre Manfred Amerell/DFB:Das Landgericht lädt zur Anhörung

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Amerells Anwälte wollen per einstweilige Verfügung gegen DFB-Vorwürfe vorgehen. Zwanziger spricht von "mehr als vier" betroffenen Schiedsrichtern.

T. Kistner

In der Affäre um die sexuellen Belästigungsvorwürfe gegen den früheren Schiedsrichterfunktionär Manfred Amerell wird das Landgericht München I eine mündliche Verhandlung anberaumen. Anlass ist ein Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung auf Unterlassung. Nach Informationen der Münchner Anwaltskanzlei Paproth, Metzler und Partner, die Amerell vertritt, soll dieser Termin bereits Anfang März stattfinden. Rechtsanwalt Jürgen Langer hatte den Antrag am 18. Februar gestellt, zwei Tage, nachdem der Deutsche Fußball-Bund (DFB) in einer umfangreichen Presseerklärung schwere Vorwürfe gegen seinen langjährigen und inzwischen zurückgetretenen Schiedsrichtersprecher erhoben hatte.

"Im Wesentlichen", sagte Langer der SZ, "wird es um die Prüfung der Frage gehen, ob Herr Amerell, wie vom DFB behauptet, in der Vergangenheit mehrere Personen bedrängt und/oder belästigt hat, und ob es zu den behaupteten Übergriffen gekommen ist."

Der Schritt vor den Richtertisch bringt insofern neue Brisanz in die Affäre, als nun Inhalte der verbandsinternen Anhörungen öffentlich verhandelt werden sollen. Da es um die Glaubhaftmachung der Vorwürfe gehe, könnte dies auch Zeugeneinvernahmen erfordern. Anwalt Jürgen Langer sagt, er habe bis zuletzt vergeblich auf Akteneinsicht gedrängt beim DFB. Zugleich verweist Langer auf die öffentliche Aufforderung von DFB-Präsident Theo Zwanziger, der Amerell ermuntert habe, juristische Schritte einzuleiten.

Derweil blieb der DFB-Chef selbst seinem bisherigen Krisenmanagement treu und trieb die öffentliche Debatte weiter voran. Es gebe mehr Betroffene als bisher vermutet, sagte Zwanziger in der Welt und dem Hamburger Abendblatt: "Die kolportierte Zahl von vier Betroffenen ist falsch. Es sind mehr." Zudem seien teilweise anonyme Briefe mit Hinweisen eingegangen, die verfolgt würden. Amerell soll mindestens einen Schiedsrichter sexuell belästigt haben: Michael Kempter, der die Affäre mit seiner Meldung bei DFB-Schiedsrichterchef Volker Roth ins Rollen brachte. Jedoch hatte Kempter die Anzeige schon Mitte Dezember gemacht, weshalb der DFB auch wegen seiner schleppenden Aufklärungsarbeit unter Druck geraten ist. Diese kam erst nach einer neuerlichen Indiskretion, die zu Presseveröffentlichungen Mitte letzter Woche führte, richtig in Gang.

Kempter soll wieder pfeifen

Zwanziger und Schiedsrichterchef Roth, der die Anzeige wochenlang liegen ließ und dessen insgesamt undurchsichtige Rolle nicht hinreichend erklärt worden ist, wollen den derzeit urlaubenden Kempter bald wieder pfeifen lassen. Mitte März, so Roth, soll der 27-Jährige erstmals in der zweiten Liga eingesetzt werden. Auch Zwanziger hatte für ein rasches Comeback plädiert. Die Fans forderten die beiden DFB-Funktionäre zu einem respektvollen Umgang mit Kempter auf.

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SZ vom 20.02.2010/jbe
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