Süddeutsche Zeitung

Urlaub am Gardasee:Luxus am Lago

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Die Italien-Sehnsucht ist so groß wie lange nicht mehr. Im neuen Hotel "Eala" am Gardasee kann man sie besonders komfortabel stillen.

Von Hans Gasser

Viel näher kann man dem See nicht sein. Es sei denn, man würde darin baden, was gerade jetzt keine gute Idee wäre. Denn von Süden, aus Richtung Sirmione, ziehen die Gewitterwolken ziemlich schnell bis hierher nach Limone. Es blitzt und donnert, die Farbe des Wassers wechselt von Smaragd über Moosgrün bis hin zu einem sich kräuselnden Graugrün; Nebelschwaden verhüllen die noch schneebedeckten Gipfel des Monte Baldo auf der andere Seeseite.

Es ist ein Schauspiel, und man sitzt in der ersten Reihe, genauer gesagt in der nagelneuen Lobby-Bar des nagelneuen Hotels Eala. Der Flügel spielt wie von Geisterhand, und der Trentino DOC Spumante tut ein Übriges, um dem Ganzen eine feierliche Note zu geben. Vor wenigen Wochen wurde das Hotel, das mit vollem Namen "Eala - My Lakeside Dream" heißt, eröffnet. Und zwar genau an der Stelle, wo am steilen Hang zwischen Straße und See zwischen 1954 und 2018 das Hotel Panorama stand. An den beiden Hotelnamen kann man ganz gut ablesen, wie sich der Tourismus am Gardasee, den die hier tonangebenden Münchner und Tiroler am liebsten nur "Lago" nennen, entwickelt hat: nach oben. Mehr Komfort, mehr Service, mehr Luxus.

Davide Rossi zeigt eine alte Schwarz-Weiß-Postkarte, auf der das Hotel Panorama abgebildet ist, sechs Stockwerke, ganz oben das Restaurant. "Es war das erste und immer das liebste Hotel meines Opas", erzählt Rossi, "und ich glaube, unser neues Hotel würde ihm gefallen." Vincenzo Risatti, Rossis Opa, ist 2018 gestorben, kurz bevor die Bauarbeiten begannen. Risatti und seine Nachkommen haben im Lauf der Jahrzehnte ein mittleres Hotelimperium rund um den See aufgebaut, vier große Hotels gehören dazu.

"Wir haben gesehen, dass der Markt für Viersternehotels am See schon etwas gesättigt ist und haben uns deshalb für das Fünfsterne-Luxus-Konzept entschieden", sagt Rossi, der innerhalb der von der Familie betriebenen Hotelgesellschaft federführend an der Entwicklung des Eala beteiligt war. Der Name, nun ja, den muss man erklären, es sei das keltische Wort für Schwan, die sich zuhauf am See tummelten und in der keltischen Mystik in Zusammenhang mit Träumen stünden.

Eigentlich wollte man schon 2019 eröffnen, sagt Rossi, aber wegen der Pandemie habe man beim Bau eine Pause eingelegt. Dass die 20-Millionen-Euro-Investition trotz allem fertig wurde, darauf sei er stolz, sagt der junge Hotelier. Und darin, dass nun, nach Ende der wechselseitigen Quarantänepflichten, hoffentlich die wichtigen deutschen Gäste wiederkämen, setzt er seine Hoffnungen. Sie werden wohl nicht enttäuscht werden, denn wohl nie seit den Sechzigerjahren war man nördlich der Alpen so voller Sehnsucht auf Italien.

Das Hotel in bester Lage richtet sich natürlich an eine Klientel in bester finanzieller Lage, speziell an Paare, die sich mal etwas Luxus gönnen wollen. "Adults friendly" nennt der Hotelier sein Konzept. Kinder seien nicht verboten, aber dafür habe man geeignetere Hotels im Portfolio.

Wer das Hotel von der viel befahrenen Gardesana aus betritt, sieht erst mal nur die Spitze des Eisbergs: Das Stockwerk mit Rezeption, Restaurants und Dachterrasse. Die anderen sechs Etagen führen nach unten, Richtung See. Im Aufzug trägt, anfangs verwirrend, die tiefste Etage die Nummer 6. Wer dort aussteigt und über eine terrassierte Gartenanlage hinunter zum hoteleigenen Strand geht, wird beim Blick zurück feststellen: Es ist schon ein massiver Baukörper, der da in den Hang hinein betoniert wurde! Das Eala ist mindestens doppelt so groß wie das alte Hotel Panorama, obwohl die Zimmeranzahl mit 67 gleich geblieben ist. Natürlich handelt es sich fast nur um Suiten, die, wie das ganze Hotel, mit feinstem italienischen Mobiliar ausgestattet sind, vom Parkett über die Lampen bis zur unvermeidlich mitten im Raum stehenden Badewanne. "Tutto Made in Italy - wir haben da in Norditalien viele sehr gute Hersteller", so Rossi. Gespart wurde jedenfalls nicht, alles wirkt aufeinander abgestimmt, großzügig und modern.

Die Farbe des Betons der Balkone habe man extra auf die Felsen dahinter abstimmen lassen, erzählt Rossi, sodass sich das große Hotel besser einpasse in die Landschaft. Geheizt und gekühlt werde mit Gardasee-Wasser, das in einer Tiefe von 25 Meter das ganze Jahr über 14 Grad habe. So könne man mittels Wärmepumpen den Fußboden kühlen oder beheizen und brauche kein Öl oder Gas.

Da das Seewasser in diesem verregneten Spätfrühling zum Baden noch etwas frisch ist, kann man sich in Stockwerk 6 mit dem ebenfalls großzügigen Spa behelfen. Der beheizte Außen-Infinity-Pool ist schon mal ein guter Auftakt, man glaubt, auf den See hinaus, in Richtung Monte Baldo zu schwimmen. Drinnen gibt es auch einen Pool, diverse Saunen, davon eine mit Blick über den ganzen See, Behandlungsräume, einen Riesen-Whirlpool mit Wasserfallprojektion und manch andere Spielerei.

Aber egal, wo im Hotel man sich befindet, der wahre Star des Hauses ist das fantastische Panorama auf See, Berge und das Städtchen Limone, von den Architekten gekonnt in Szene gesetzt.

Essen muss der Mensch aber auch, und da, so dachte man wohl, dürfe man in diesem Segment keine Kompromisse eingehen und verpflichtete den Trentiner Koch Alfio Ghezzi. Der hat sich in seinem früheren Restaurants bereits zwei Michelinsterne erkocht. Kurz vor Beginn der Pandemie eröffnete sein neues Restaurant im MART, dem Museum für moderne Kunst in Rovereto. Trotz der wenigen Monate, die das Restaurant bisher geöffnet sein durfte, bekam er einen Stern. Und dann kam das Angebot der Hotelierfamilie Risatti. "Von Rovereto bin ich in einer halben Stunde mit dem Motorino hier in Limone", sagt Ghezzi.

Er ist ein Mann mit großen Händen, starken Armen und entschiedenen Gesichtszügen. "Durch die Pandemie haben wir gemerkt, dass wir mit unserer produktbezogenen, territorialen Küche auf dem richtigen Weg sind", sagt Ghezzi, der in seiner Freizeit lange Strecken mit dem Gleitschirm fliegt oder auf Berge wie den Elbrus steigt. "Die Leute haben durch die Corona-Krise entdeckt, wie schön es in der Nähe ist, und auch mir ist klar geworden, in was für einer besonderen Gegend wir hier sind, von den Dolomiten bis hin zum See, es ist wie Italien in Miniatur." Ob Käse aus Tremosine, Broccoli aus Torbole oder die seltene Gardaseeforelle - es gebe im unmittelbaren Umfeld sehr viele hervorragende Produkte. "Ich versuche, Botschafter dafür zu sein und alles Überflüssige wegzulassen."

Ghezzi betreibt mit seiner jungen, 17-köpfigen Küchenbrigade, darunter der japanische Head-Chef Akio Fujita, zwei Restaurants im Hotel: das "Bistro", was etwas tiefgestapelt ist, und das Fine-Dining-Restaurant "Senso". Als Gast kann man also wählen, da im Zimmerpreis eh nur das Frühstück eingeschlossen ist. Umsorgt von freundlichen Kellnern, die ihr Handwerk beherrschen, werden Gerichte gebracht, die auf den ersten Blick einfach aussehen, es aber natürlich nicht sind: ein bissfestes Kerbelrisotto mit Forellenkaviar etwa, ein weißer Spargel in einer Art Panade aus getrocknetem Sardinenpulver, ein Gericht, in dem sich das Bittere des Spargels mit dem salzig-süßlichen Fisch hervorragend ergänzt, dazu ein Naturwein von der sizilianischen Grillo-Traube. Die Gardaseeforelle kommt auch auf den Tisch, filetiert und begleitet von mariniertem Rettich, japanisch verfeinert.

Und während man aus dem Restaurant auf den See hinausschaut, über dem erneut ein Gewitter niedergeht, sinniert man schon mal, welche Produzenten - von Olivenöl über Käse bis zum Gemüse - man morgen aufsuchen wird, um den Geschmack und das Gefühl des Lago zu Hause ein bisschen zu verlängern.

Informationen: DZ (Junior Suite) mit Frühstück ab 400 Euro, ealalakegarda.com

Limone: visitlimonesulgarda.com

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