Süddeutsche Zeitung

USA:Trumps UN-Rede spaltet sein Land - und die Welt

Lesezeit: 3 min

Von Sacha Batthyany, Washington

Nach Donald Trumps Rede vor der UN-Generalversammlung, in der er Nordkorea mit der Zerstörung drohte und Iran als Mörderregime bezeichnete, dürften seine Berater aufgeatmet haben. Denn der amerikanische Präsident hielt sich ausnahmsweise ans Skript und las vom Teleprompter ab. Das war in der Vergangenheit nicht immer so - und wenn Trump frei zu sprechen beginnt, kann alles passieren. Vor den versammelten Vertretern der 193 UN-Mitgliedstaaten aber blieb er in der Spur. Nur den Spitznamen "Rocket Man", Raketenmann, den Trump dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong-un schon auf Twitter verpasste, baute er kurz vor seinem Auftritt in die Rede ein.

"Der Raketenmann ist auf einer Suizidmission", lautete dann Trumps Zeile. Es war erwartet worden, dass er einen Großteil seiner Redezeit auf Nordkorea verwenden würde, doch die Schärfe seiner Worte erschreckte dann doch viele. "Wir sprechen nie von der Zerstörung eines Landes", sagte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini als Reaktion auf Trumps Drohung. Sie sei der Überzeugung, dass zusätzlicher "wirtschaftlicher und diplomatischer Druck" etwas bewirken könne.

Ähnlich drückte sich Emmanuel Macron aus. Dem französischen Staatspräsidenten wird ein guter Draht zu Trump nachgesagt. Er teile die Meinung, dass Nordkoreas "nukleare Kriegslust" gefährlich und inakzeptabel sei, "doch Frankreich wird die Türe für einen Dialog nicht schließen".

Bemerkenswert ist auch, was Trump unerwähnt ließ

Aus Pjöngjang gab es zunächst keine Reaktion. Koreas UN-Botschafter verließ den Saal, ehe Trump das Podium betrat. Andere Nationen aus der "Gruppe der Schurkenstaaten" schossen verbal zurück. Venezuelas Präsident, Nicolás Maduro nannte seinen US-Kollegen einen "neuen Hitler", nachdem Trump vor den UN gesagt hatte, die venezolanische Regierung lasse ihr Volk verhungern. Der Außenminister des Landes, Jorge Arreaza, erklärte, Trump vertrete eine "rassistische Theorie" und stehe für "Rückkehr zum Kalten Krieg".

Der iranische Außenminister Mohammad Dschawad Sarif, auch er Vertreter eines "abgewirtschafteten Schurkenstaats", befand Trumps Rede für "einer Antwort unwürdig". Trump hatte über Iran gesagt, das Land, das kulturell einst so reich gewesen sei, exportiere nur noch Gewalt und unterdrücke die Bevölkerung. Sarif sprach von einer "ignorante Hassrede", die ins Mittelalter gehöre. Irans Präsident Hassan Ruhani versicherte am Mittwoch vor den UN, sein Land halte sich an das Abkommen zur Begrenzung des Atomprogramms.

Iran sei "nicht unehrlich", Trump solle sich für seine Rede entschuldigen. Bemerkenswert an Trumps Rede war nicht nur, was er sagte, sondern auch, was er unerwähnt ließ. So verlor der US-Präsident kein Wort über den Klimawandel, womit sich die vorab in den Medien verbreitete Hoffnung zerschlug, Trump könnte den Ausstieg aus dem Pariser Klimaschutzabkommen womöglich überdenken. Unerwähnt blieb außerdem die Schutzwürdigkeit der Menschenrechte. Dafür hielt Trump ein Plädoyer für mehr Patriotismus, für souveräne Staaten mit starken Grenzen. Das Wort Souveränität fiel mehr als ein dutzend Mal. Russland erwähnte Tump in dem Zusammenhang nicht, obwohl das Land die Souveränität der USA mit Füßen getreten hatte, als es sich nach Überzeugung der US-Geheimdienste im vergangenen Jahr mittels Cyberattacken in den US-Wahlkampf einmischte.

Russland enttäuscht und besorgt von dem Auftritt

Die Russen waren dennoch enttäuscht von Trumps Auftritt. Kurz nach dessen Rede erklärte Außenminister Sergej Lawrow in New York einer Gruppe Journalisten,die USA müssten aufhören, Nordkorea zu drohen. "Sonst werden wir eine Konfrontation mit Ländern haben, auf die wir Einfluss ausüben wollen." Zudem sei Moskau ausgesprochen besorgt angesichts der "unversöhnlichen Haltung" Washingtons zum Iran-Deal.

Trump erklärte am Mittwoch, er habe einen Entschluss gefasst, ob die USA dem Atomabkommen eine Zukunft sehen.

Er wolle ihn bald bekannt geben. In den USA ist die Reaktionen auf Trumps Rede so gespalten wie das Land. Die Linke hielt die Kritik an Nordkorea und Iran für berechtigt, die Ausdrucksweise des Präsidenten aber für "gefährlich und dumm", da sie zur Eskalation im Konflikt mit Pjöngjang führen könnte, wie ein Kommentator auf CNN feststellte. Die konservative National Review sieht das naturgemäß anders. Es sei eine gute Rede gewesen, eine Mischung traditioneller republikanischer Standpunkte und Trump'schem Nationalismus.

Für John R. Bolten, ein Konservativer mit UN-Erfahrung, war es "die beste Rede in Trumps Präsidentschaft". Bolton war unter George W. Bush UN-Botschafter. "Man kann mit Sicherheit sagen", sagte er auf Fox News, "dass in der gesamten UN-Geschichte nie aufrichtigere Kritik am Verhalten anderer Mitgliedsstaaten geäußert wurde." Noch euphorischer zeigte sich nur Benjamin Netanjahu, Israels Premier. Er habe in allen Jahren "keine kühnere und mutigere Rede" vor der Generalversammlung gehört. Netanjahu wird vor allem die Drohung an Iran und die Kritik am Atomdeal gefallen haben. Er habe "die Wahrheit über die großen Gefahren ausgesprochen, vor denen unsere Welt steht".

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SZ vom 21.09.2017
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