Süddeutsche Zeitung

Pompeo-Besuch in Berlin:Wenn der schwierige Freund kurz vorbeischaut

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Von Daniel Brössler, Berlin

Der Terminkalender von US- Außenminister Mike Pompeo in dieser Woche kann auch als politisches Statement gelesen werden. Wenn er an diesem Dienstag zu seinem ersten Besuch in Berlin landet, kommt er aus Lappland von einer Sitzung des Arktischen Rates. Nicht nur so gesehen aber ist Pompeo ein Minister, der aus der Kälte kommt. Seit dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump sind die transatlantischen Beziehungen kühl; das Verhältnis zwischen Deutschland und den USA ist nachgerade frostig. Zur 70-Jahr-Feier der Nato in Washington musste sich Außenminister Heiko Maas (SPD) gerade erst wieder Vorhaltungen anhören, weil Deutschlands Ambitionen bei der Erhöhung der Verteidigungsausgaben weit hinter dem zurückbleiben, worauf man sich im Bündnis verständigt hat. Deutschland müsse "endlich kapieren, dass es nicht in alle Ewigkeit so weitergehen kann und wird", legte US-Botschafter Richard Grenell nach.

Die Nato-Quote ist dabei nur eines von vielen Streitthemen, die Pompeo während seines kurzen Zwischenstopps auf dem Weg nach London in Gesprächen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Maas wird abarbeiten müssen. So schieben sich nach der angekündigten Verlegung des Flugzeugträgers USS Abraham Lincoln und einer Bomberstaffel in den Nahen Osten gerade wieder die Konflikte um den Umgang mit Iran in den Vordergrund. Im US-Verteidigungsministerium war zur Begründung die Rede von "klaren Indizien" für iranische Angriffspläne.

Man habe die Ankündigung "zur Kenntnis" genommen, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes am Montag dazu. Man sei "nach wie vor der festen Überzeugung, dass die vollumfängliche Umsetzung der Wiener Nuklearvereinbarung mit Iran unverzichtbar ist für mehr Stabilität und Sicherheit im Nahen und Mittleren Osten". Seit dem Ausstieg der USA aus dem Deal 2018 versucht Deutschland zusammen mit Briten, Franzosen und der EU, das Abkommen trotz wieder in Kraft gesetzter US-Sanktionen zu retten. Es gewährleiste, "dass Irans nukleare Aktivitäten ausschließlich friedlichen Zwecken dienen", ließ Maas seinen Sprecher am Montag bekräftigen. Am Samstag hatte er mit den Ministern aus London und Paris sowie der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini die jüngste US-Entscheidung beklagt, Ausnahmegenehmigungen bezüglich des Ölhandels mit Iran nicht zu verlängern.

Merkel und Maas dürften indes bei ihrer Linie bleiben

Aus US-Sicht ist auch der Streit über die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 ein unumgängliches Thema. Man werde die Sorgen der USA "um die Energiesicherheit Deutschlands, des Rests der EU und was Nord Stream 2 in Bezug auf die Abhängigkeit von Russland bedeutet", zur Sprache bringen, kündigte ein hochrangiger Beamter des US-Außenministeriums an. Merkel und Maas dürften indes bei ihrer Linie bleiben: Sie halten trotz der Kritik aus den USA, anderen EU-Ländern und der Ukraine an der Unterstützung der neuen Gas-Pipeline fest.

Es gehe darum, "Meinungsverschiedenheiten durchaus offen auszutragen, aber sich genauso darum zu bemühen, eine Positivagenda zu haben, bilateral zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland", hatte Maas im Januar nach einem Treffen mit Pompeo in Washington erklärt. Er sei "sicher, dass der US-Außenminister auch mit konkreten Ideen und Forderungen an das deutsche Engagement in Syrien und Irak auf uns zukommen wird", sagte nun der außenpolitische Sprecher von CDU/CSU im Bundestag, Jürgen Hardt. "Die Forderung nach einer noch aktiveren deutschen Rolle ist berechtigt. Wir sollten die US-Anliegen konkret und offen prüfen", betonte er.

"Maas sollte trotz aller Schwierigkeiten mit der jetzigen US-Administration einen engen Schulterschluss mit Washington suchen", forderte auch der außenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Bijan Djir-Sarai; anders seien die Herausforderungen in der Welt nicht zu meistern. "Man kann nur hoffen, dass Pompeo von der Bundesregierung deutliche Worte hören wird", sagte indes der Außenpolitiker der Grünen im Bundestag, Omid Nouripour. Die Politik der Vereinigten Staaten hinterlasse "weltweit einen Scherbenhaufen". Maas müsse die "destruktive Rolle" der USA "deutlich ansprechen und kritisieren", forderte auch der Linken-Bundestagsabgeordnete Stefan Liebich.

Korrektur: In einer früheren Version dieses Artikels haben wir Bijan Djir-Sarai, den außenpolitischen Sprecher der FDP-Fraktion, fälschlicherweise als "Politikerin" usw. bezeichnet.

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SZ vom 07.05.2019
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