Süddeutsche Zeitung

Vereinte Nationen:Bis zu 1,6 Millionen Ukrainer verschleppt

Lesezeit: 1 min

Diesen Vorwurf erheben die USA im Weltsicherheitsrat gegen Russland. Moskaus Vertreter spricht von freiwilligen Ausreisen.

Die USA und andere Länder haben Russland im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen beschuldigt, in der Ukraine zwischen 900 000 und 1,6 Millionen Menschen aus ihren Heimatorten verschleppt zu haben. Darüber kam es in der Nacht zum Donnerstag in New York zu einem Schlagabtausch vor allem zwischen Linda Thomas-Greenfield, der US-Botschafterin bei den UN, und dem russischen UN-Botschafter Wassili Nebensja.

Die US-Regierung wirft dem russischen Militär vor, im ukrainischen Kriegsgebiet Festgenommene in Deportationslager zu zwingen und von dort gegen ihren Willen nach Russland oder in russisch besetzte Gebiete zu bringen. Die UN-Delegation der Ukraine sprach von sogar bis zu 2,5 Millionen Menschen, die aus dem Süden und Osten des Landes deportiert worden seien, oft in ferne Regionen Sibiriens oder in Russlands Osten. Norwegens UN-Botschafterin Mona Juul sprach von einer "wachsenden Zahl unabhängiger Informationen", die auf Menschenrechtsverletzungen in den Lagern hinwiesen. Die genannten Zahlen lassen sich unabhängig nicht bestätigen.

Glaubwürdige Berichte über zur Adoption in Russland geraubte Kinder

Das UN-Menschenrechtsbüro verwies zudem auf glaubwürdige Berichte, dass ukrainische Kinder ihren Eltern weggenommen und nach Russland deportiert würden, wo sie eingebürgert und zur Adoption freigegeben würden. "Die anhaltenden Beschuldigungen über gewalttätige Vertreibung, Deportation und sogenannte Filtercamps Russlands und angeschlossener lokaler Kräfte sind extrem beunruhigend", sagte die UN-Beauftragte für politische Angelegenheiten, Rosemary DiCarlo.

Russlands Botschafter wies die Vorwürfe zu den "Filtercamps" zurück: "Wir verstehen nicht wirklich, worüber hier gesprochen wird", sagte er. Der Begriff "Filtration" sei nicht definiert, und es sei normal, dass es Einrichtungen gebe, in denen Ukrainer kundtun könnten, dass sie nach Russland auswandern wollten. Dort könnten sie frei leben und jederzeit wieder ausreisen. Viele wollten vor einem "ukrainischen Regime" fliehen, das Bürger als menschliche Schutzschilde missbrauche, behauptete Nebensja.

Dass auch Mitarbeiter des russisch besetzten Atomkraftwerks Saporischschja verschleppt würden, berichtete der Chef der Betreiberfirma Energoatom. Petro Kotin sagte Zeitungen der Funke- Mediengruppe: "Etwa 200 Leute sind bereits inhaftiert worden." Bei einigen gebe es "keinen Hinweis, wo sie sind". Es seien zudem ukrainische AKW-Mitarbeiter getötet oder gefoltert worden. "Es ist sehr schwierig für unser Personal, da zu arbeiten", so Kotin. Die noch etwa 1000 Mitarbeiter wüssten, dass es wichtig sei, für nukleare Sicherheit und Brandschutz zu sorgen. Normalerweise arbeiten in der Anlage 11 000 Menschen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5653486
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ/dpa/SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.