Süddeutsche Zeitung

Amtsenthebung gegen Trump:Eine unmögliche Idee

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Die Demokraten haben nur eine kleine Chance, die Präsidentschaftswahl 2020 zu gewinnen. Mit einem Impeachment-Verfahren gegen Trump riskieren sie alles.

Kommentar von Thorsten Denkler, New York

Jetzt also das: Nancy Pelosi, machtvolle Sprecherin des Repräsentantenhauses und damit oberste Demokratin der USA, setzt ihre schärfste Waffe ein. Sie will ein Amtsenthebungsverfahren gegen den US-Präsident Donald Trump einleiten. Und zwar weil dieser angeblich am 25. Juli den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij in einem Telefonat erpresst hat, um einem politischen Gegner im Kampf ums Weiße Haus zu schaden.

Es geht um Obamas früheren Vizepräsidenten Joe Biden. Trump will glauben machen, dieser habe 2014 vom damaligen ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko verlangt, einen Staatsanwalt zu feuern, damit der nicht angeblich zweifelhafte Geschäfte von Bidens Sohn Hunter untersucht. Einen Beleg gibt es dafür nicht. Bekannt ist: Hunter Biden war damals das sehr gut bezahlte Vorstandsmitglied eines ukrainischen Gasunternehmens. Und Joe Biden zur gleichen Zeit Obamas Ukraine-Beauftragter. Der mögliche Interessenkonflikt ist damals breit diskutiert worden. Biden hat immer gesagt, sein Sohn sei ein erwachsener Mann, er könne machen, was er wolle. Den gefeuerten Staatsanwalt gibt es zwar. Aber keinerlei Hinweis, ob das irgendetwas mit Biden zu tun gehabt haben könnte.

Trump will es offenbar genau wissen. Angeblich hielt er mehrere 100 Millionen Dollar Militärhilfe für die Ukraine zurück, um Selenskij unter Druck setzen zu können. Wenn das stimmt, dann hat Trump sein Amt missbraucht, um einen persönlichen politischen Nutzen daraus zu ziehen, dann ist das Amtsanmaßung. Und die Demokraten haben recht, dass so etwas Grund genug sein kann, ein Amtsenthebungsverfahren auszulösen.

Allerdings ist es mit Amtsenthebungsverfahren so eine Sache. In erster Linie ist das eine politische Angelegenheit. Um es zum Erfolg zu führen, braucht es eine Mehrheit im Repräsentantenhaus und im Senat. Im Moment gibt es keinen Hinweis darauf, dass der von Republikanern dominierte Senat am Ende einer Amtsenthebung Trumps zustimmen würde. Zwar würde es so ein Verfahren dem Kongress leichter machen, gegen den US-Präsidenten zu ermitteln, aber Trump hat auch bisher schon klargemacht, dass er sich um Regeln etwa zur Herausgabe von Dokumenten nicht schert. Er hat kein Problem damit, sich unter Umständen auf langwierige Gerichtsverfahren einzulassen, die er im Zweifelsfall einfach aussitzt. Erschwerend kommt hinzu, dass die US-Bürger es mehrheitlich nicht mögen, wenn ein amtierender und legitim gewählter Präsidenten einfach vom Kongress entmachtet wird. Auch nicht, wenn dieser Präsident Donald Trump heißt.

Die Demokraten spielen ein Spiel mit hohem Risiko. Sie müssen 2020 die Präsidentschaftswahl gewinnen. Das wird schon schwer genug, so zerstritten wie sich der linke und der moderate Flügel der Partei gerade zeigen. Da kann ein von den Demokraten initiiertes Amtsenthebungsverfahren von den Wählern als Eingeständnis ausgelegt werden, nicht stark genug zu sein, um Trump in einer regulären Wahl zu schlagen. Pelosi hatte bisher viele gute Gründe, warum sie gegen ein Impeachment war. Politisch ist es nicht zu gewinnen. Es schwächt die Partei nur für den anstehenden Wahlkampf. Der Druck aus den eigenen Reihen aber war am Ende wohl zu groß, nachdem die neuesten Verfehlungen des Präsidenten bekannt geworden sind. Immer mehr demokratische Kongressabgeordnete und zuletzt auch noch Joe Biden haben sich für ein Impeachment ausgesprochen.

Ob Trump allerdings Selenskij erpresst oder im Wahlkampf 2016 gerne jede Hilfe der Russen annimmt, die Wahl zu gewinnen, was macht es für einen Unterschied? Beides sehen viele Demokraten als guten Grund für eine Amtsenthebung. Es wäre allerdings deutlich glaubwürdiger gewesen, ein Amtsenthebungsverfahren im Zuge der Russland-Affäre anzugehen. Jetzt wirkt es nur wie nachgetreten. Trump will zudem an diesem Mittwoch die Abschrift des Telefonates mit Selenskij dem Kongress übergeben lassen. Dann könnte sich womöglich zeigen, dass Trump wieder schlau genug war, alles so zu formulieren, dass nichts an ihm haften bleibt. Eines muss Trump gelassen werden, er ist meisterhaft darin, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Wer so viel Dreck am Stecken hat wie er, aber nie ernsthaft in Gefahr geriet, ins Gefängnis zu kommen, der ist mit allen Wassern gewaschen.

Noch mal zusammengefasst: Die Demokraten wollen ein Impeachment-Verfahren gegen einen skrupellosen Präsidenten beginnen, das die Menschen im Land nicht wollen, das politisch nicht zu gewinnen ist. Und sie möglicherweise den Wahlsieg 2020 kostet. Etwas Besseres kann Trump eigentlich nicht passieren.

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