Süddeutsche Zeitung

Syrien-Angriff:Unerwartetes Lob für Trump

Lesezeit: 4 min

Von Sacha Batthyany, Washington

Es war eine gute Woche für Donald Trump, vielleicht seine beste, darin sind sich die Moderatoren der Talk-Shows am Sonntag einig. Die Expertenrunden auf CNN, MSNBC und NBC, die sonst jeden Schritt des Präsidenten kritisieren, sind plötzlich des Lobes voll über dessen Militärschlag auf den Luftwaffenstützpunkt al-Schairat.

Noch einmal wurden auf allen Kanälen die nächtlichen Bilder der Marschflugkörper in Endlosschleife gezeigt; ein Moderator bezeichnete sie wiederholt als "wunderschön". Es sei der Moment gewesen, "in dem Donald Trump Präsident der Vereinigten Staaten wurde", sagte der Journalist Fareed Zakaria etwas theatralisch.

Es war eine schlechte Woche für Stephen Bannon, Chefstratege im Weißen Haus. Erst hieß es, er sei zurückgestuft worden und habe seinen ständigen Sitz im Nationalen Sicherheitsrat verloren, jenem Gremium, das im abhörsicheren "Situation Room" tagt und den Präsidenten in zentralen außen- und sicherheitspolitischen Fragen berät. Bannon war früher Chef der rechtsnationalen Medienseite Breitbart. In seiner jetzigen Rolle sah er sich vor allem als Hüter von Trumps Wahlversprechen und Brückenkopf zwischen Trumps rechter Basis und dem Weißen Haus. Die "wunderschönen Bilder" der Marschflugkörper haben Bannon nicht gefallen.

Bannon soll Kushner einen "Demokraten" genannt haben

Die Mauer an der Grenze zu Mexiko, das harte Vorgehen gegen Immigranten, die "America first"-Politik auch in der Wirtschaft, das sind die Themen, die Bannon vorantreiben möchte, doch Trumps Chefstratege sei "zunehmend isoliert", heißt es nun in den amerikanischen Medien, während die gemäßigtere Gruppe um Jared Kushner an Einfluss gewonnen habe, schrieb etwa die New York Times.

Bannons Dilemma ist, dass es sich bei Kushner nicht um einen beliebigen Berater des Präsidenten handelt, sondern um den Schwiegersohn. Legt er sich mit Kushner an, bekommt er es auch mit Trumps Tochter Ivanka zu tun, die nun offiziell als Beraterin fungiert und ein Büro im West Wing bezog und auf Twitter den Militäreingriff in Syrien verteidigte. Sie sei stolz auf ihren Vater, schrieb sie, "die Zeiten, in denen wir leben, erfordern schwierige Entscheidungen".

Stephen Bannon aber hält Trumps Vorgehen in Syrien für falsch, weil es den USA nichts bringe und das eigene Land nicht sicherer mache, so werden Quellen innerhalb des Weißen Hauses zitiert. Bannon hält wenig von der Verteidigung fremder Grenzen, wenn die eigenen Grenzen "löchrig sind wie Käse", wie er einst sagte. Intern soll er Kushner und Ivanka Trump, aber auch den Wirtschaftsberater des Präsidenten, Gary Cohn, als "Demokraten" bezeichnen, was in Bannons Welt als grobes Schimpfwort gilt.

"Wir sind bereit, mehr zu unternehmen, aber wir hoffen, das ist nicht nötig."

Dass die verschiedenen Berater im Weißen Haus um Einfluss ringen, ist im Weißen Haus wahrlich nichts Neues und begleitet jede Präsidentschaft. Dass sich die Politikjournalisten in der Hauptstadt an diesem Hickhack um Personalien beteiligen und es gar entfachen, gehört ebenso dazu. Die Kehrtwende von Donald Trump, der in seiner Antrittsrede im Januar seine "America first"-Doktrin betonte, ist aber bemerkenswert.

Trump wollte der Präsident der USA sein, nicht der Welt - so sagte er es in seiner Rede zur Lage der Nation. Damals waren sich alle einig, dass in Gestalt des 45. Präsidenten ein Isolationist ins Weiße Haus einzieht, der sich wenig um die globale Ordnungspolitik Amerikas schert. Doch nun erteilte der "America first"-Präsident - nur wenige Stunden, nachdem er die Bilder des Giftgasanschlags gesehen hatte - einen Befehl zum Angriff gegen eine Militäreinrichtung. Einen Befehl, den Barack Obama nie über sich gebracht hatte. US-Botschafterin Nikki Haley sagte: "Wir sind bereit, mehr zu unternehmen, aber wir hoffen, das ist nicht nötig."

Trumps Kehrtwende zeigt: Er ist kein Ideologe, wie Stephen Bannon, sondern einer, der impulsiv handelt und unberechenbar bleibt. Trump selbst erklärte seinen Meinungsumschwung am Donnerstagabend in Florida so: "Ich habe noch nie eine erfolgreiche Person gesehen, die nicht ein gewisses Maß an Flexibilität aufwies."

Marine Le Pen und Nigel Farage waren auch schon mal begeisterter von ihm

Für seine Flexibilität erhielt der Präsident im eigenen Land viel Zustimmung. Auch von Männern wie John McCain, dem republikanischen Senator aus Arizona, der Trump in den vergangenen Wochen immer wieder laut kritisierte. Charles Schumer, Fraktionsführer der Demokraten im US-Senat, bezeichnete Trumps Vorgehen als "moralisch richtig", betonte aber, der Präsident brauche für künftige militärische Interventionen die Genehmigung des Kongresses. Selbst von Hillary Clinton kam so etwas wie Zustimmung für den Angriff auf die syrische Luftwaffenbasis; sie kritisierte im gleichen Atemzug aber Trumps harsche Einwanderungspolitik. Man könne nicht davon sprechen, syrische Babys zu schützen, wie Trump das gemacht habe, aber gleichzeitig die Grenzen Amerikas "für diese Babys" schließen.

Nicht alle aber sind über Trumps Kurswechsel erfreut. Enttäuschte Stimmen hört man vor allem aus seiner Basis. Breitbart, die Medienseite von Stephen Bannon, hielt sich noch zurück. Laura Ingraham aber, eine Radiomoderatorin, sagte: "Wenn Hillary Clinton jubelt und John McCain glücklich in die Kameras blickt, dann kann etwas nicht stimmen." Sie fürchte, sagte sie ihren Zuhörern, dass sie sich in Trump geirrt habe und sich die "gemäßigten Kräfte" im Weißen Haus nun durchsetzen werden. "Wo ist der Anti-Establishment-Kandidat, den wir alle gewählt haben?", fragte sie. "Wo ist der Trump, der sich den Problemen unseres Landes und unserer Arbeiter annimmt?"

Paul Joseph Watson, der für die rechte Webseite Infowars arbeitet, twitterte: "Es war lustig mit diesem Präsidenten, Freunde. Aber der Spaß ist vorbei." Auch jene ausländischen Politiker, die Trump sonst nahestehen, gingen auf Distanz. Marine Le Pen, die französische Präsidentschaftskandidatin des rechten Front National, sagte, sie sei "ein wenig überrascht", sie dachte, die USA unter Trump hätten die Rolle des Weltpolizisten abgelegt. Und auch der Brite Nigel Farage, der frühere Ukip-Vorsitzende, der in der Vergangenheit mehrmals bei Trump zu sehen war, äußerte seine Bedenken: "Viele Trump-Anhänger werden Trumps Einsatz in Syrien nicht verstehen", sagte er auf CNN. Statt Bilder der Marschflugkörper würden sie lieber Bilder der Mauer sehen, "deshalb haben sie ihn gewählt". Später twitterte Farage: "Wo wird das alles nur enden?"

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SZ vom 10.04.2017
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