Süddeutsche Zeitung

Machtkampf im Südpazifik:China wirft Biden Mentalität des Kalten Kriegs vor

Lesezeit: 3 min

Mit zusätzlichen Atom-U-Booten wollen Australien, die USA und Großbritannien den Südpazifik absichern. Damit würden sie den Frieden in der Region untergraben, warnt Peking.

Von Fabian Fellmann, Washington

Ungehalten hat Chinas Führung darauf reagiert, dass Australien sich nuklear betriebene U-Boote beschaffen will und dafür mit den USA und Großbritannien zusammenarbeitet. Die drei Länder sollten endlich ihre obsolete Kalte-Kriegs-Mentalität aufgeben, sagte Zhao Lijian, ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums. Die Aufrüstung Australiens untergrabe den regionalen Frieden im Südpazifik.

Der australische Premierminister Scott Morrison will mindestens acht U-Boote mit Atomreaktoren kaufen. Das gab er am Mittwoch zusammen mit US-Präsident Joe Biden und dem britischen Premier Boris Johnson bekannt. Die Modernisierung der veralteten australischen Diesel-Flotte ist Teil einer neuen Sicherheitsallianz der drei Länder mit dem sperrigen Namen Aukus. Dazu gehören weiter die Beschaffung von Tomahawk-Marschflugkörpern sowie die Zusammenarbeit in den Bereichen Cyber, künstliche Intelligenz und Quantentechnologie. Aukus solle die Stabilität und den Frieden im Südpazifik sicherstellen, sagte Biden.

China mit keinem Wort erwähnt

Bei der Vorstellung des "historischen Schritts", wie ihn Biden nannte, erwähnten die drei angelsächsischen Politiker China mit keinem Wort. Dabei war die aufstrebende asiatische Großmacht der Treiber für die Allianz. Noch besteht diese vor allem aus Absichtserklärungen, denen in den nächsten 18 Monaten konkrete Pläne folgen. Doch ernst ist es den drei Ländern: Sie wollen gemeinsam China im Südpazifik in die Schranken weisen. Der Schritt ist historisch, weil die amerikanische U-Boot-Technologie eines der am besten gehüteten Staatsgeheimnisse ist. Bisher haben die USA nur Großbritannien teilhaben lassen, nach einem Vertrag aus dem Jahr 1958.

Der Schritt besitzt für die USA enorme strategische Bedeutung: Sie hoffen, mit der engeren Einbindung Australiens und Großbritanniens im Südpazifik die eigene Position zu stärken, ohne die volle Verantwortung und die vollen Kosten dafür übernehmen zu müssen. Weiterhin wollen sich die USA im Südpazifik auf ihre Partner Japan, Südkorea und die Philippinen stützen. Biden will zudem den Kontakt mit Vietnam, Indonesien und Indien vertiefen. Klargemacht haben die Amerikaner aber bereits: Ihre Nukleartechnologie für U-Boote werden sie mit keinem weiteren Land teilen.

Längere Einsätze ohne Auftauchen

Der Aufbau einer australischen U-Boot-Flotte kann das Gleichgewicht der militärischen Kräfte im umstrittenen Südpazifik zugunsten des Inselkontinents und seiner westlichen Verbündeten verändern. Atom-U-Boote ermöglichen längere Einsätze ohne Auftauchen. Das steigert den Kampfwert gegenüber konventionell betriebenen U-Booten merklich. "Die Boote sind ruhiger. Sie sind stärker. Sie werden uns erlauben, die Abschreckung im Südpazifik zu erhalten und zu verbessern", erklärte ein hoher US-Beamter. Auch er vermied es, das Wort "China" in den Mund zu nehmen. Dabei ist für den Sicherheitsexperten Eric Sayers vom Think Tank American Enterprise Institute klar: "Es geht hier einzig und allein um China", wie er dem Sydney Morning Herald sagte.

Der verbale Seiltanz der Amerikaner, Briten und Australier zeigt, dass sie die geopolitische Brisanz ihres Deals erkannt haben. Erst vor einer Woche hatte Biden mit Präsident Xi Jinping telefoniert, ihn dabei aber nicht konkret über den geplanten Pakt informiert. Biden, Morrison und Johnson beeilten sich nun zu versichern, Australien wolle nur nuklear betriebene U-Boote anschaffen, strebe aber keineswegs den Bau atomarer Bewaffnung an. Alle drei beteuerten, ihre Verpflichtungen gemäß dem Vertrag zur Nichtverbreitung von Kernwaffen einzuhalten und mit der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA zusammenarbeiten zu wollen. China zweifelte die Ernsthaftigkeit dieser Zusicherungen umgehend an.

Bindet sich Australien zu eng an die USA?

Gemischte Reaktionen löste die Nachricht auch in Australien selber aus. Während Konservative den Deal feierten, warnte der frühere Labor-Premier Paul Keating, sein Land mache sich zu sehr von den USA abhängig: Die Allianz binde Canberra an jede künftige amerikanische Militäraktion gegen China. Andere Kommentatoren verweisen auf die dornenreiche Geschichte des australischen U-Boot-Programms. Aktuell besitzt der Inselkontinent sechs dieselbetriebene Maschinen, die seit Jahren ersetzt werden sollen. 2016 bestellte Australien zwölf konventionell betriebene Boote in Frankreich, deren Bau sich immer wieder verzögerte. Diesen Auftrag im Umfang von 56 Milliarden Euro hat Morrison nun storniert, obwohl die neuen nuklearen U-Boote kaum vor den 2030er-Jahren zu erwarten sind.

Skeptisch äußerte sich auch die neuseeländische Premierministerin Jacinda Ardern zu dem Geschäft. Neuseeland werde keine nuklear betriebenen Boote in seinen Gewässern dulden. Weder Neuseeland noch Kanada seien in die Planung der neuen Allianz einbezogen worden.

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