Süddeutsche Zeitung

Streit in der Union:Scholz spricht sich gegen Neuwahlen aus

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Vizekanzler Olaf Scholz hat sich gegen Spekulationen über mögliche Neuwahlen angesichts des Asylstreits zwischen CDU und CSU gewandt. "Die Bürger haben gewählt", sagte der stellvertrendete SPD-Chef der Rheinischen Post. "Wir haben vom Wähler das Mandat bekommen, das Land voranzubringen", fügte er hinzu. Der Koalitionsvertrag sei "eine gute Grundlage" für die Arbeit der Regierung. "Daran halten wir uns", sagte Scholz.

Angesichts des heftigen Konflikts in den Unionsparteien über die Flüchtlingspolitik wird derzeit über ein vorzeitiges Aus der großen Koalition aus CDU, CSU und SPD spekuliert. Bundesinnenminister und CSU-Chef Horst Seehofer liegt derzeit im erbitterten Streit mit der Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel. Seehofer will bereits in anderen EU-Staaten registrierte Flüchtlinge an der deutschen Grenze zurückweisen und droht damit, dies auch im nationalen Alleingang durchzusetzen. Merkel lehnt das Vorhaben ab und will bis Monatsende europäische Lösungen aushandeln. "Meine Haltung ist klar: Wenn der EU-Gipfel keine wirkungsgleichen Lösungen bringt, werden Migranten, die bereits in einem anderen EU-Land registriert sind, zurückgewiesen", sagte Seehofer dazu im SZ-Interview.

Dieser "binnenfixierte Streit, den sich CDU und CSU gerade leisten, schadet unserem Land", kritisierte Scholz. "Ich kann nur hoffen, die beiden Parteien finden da schnell wieder heraus." Der Spiegel hatte berichtet, dass bei der SPD angesichts dieses Konflikts bereits erste Vorbereitungen für eine mögliche Neuwahl getroffen würden. Im Willy-Brandt-Haus hätten in den vergangenen Tagen bereits drei interne Besprechungen unter Leitung von SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil stattgefunden, bei denen es um die Vorbereitung eines womöglich auf die Schnelle zu organisierenden Bundestagswahlkampfs gegangen sei.

Riexinger: "Nicht ausgeschlossen", dass Merkels Amtszeit vorzeitig endet

Auch die Opposition im Bundestag wappnet sich einem Handelsblatt-Bericht zufolge für mögliche Neuwahlen. Streit und Krisen seien zum Dauerzustand der großen Koalition geworden, sagte Linken-Chef Bernd Riexinger der Zeitung. Daher erscheine es "nicht ausgeschlossen, dass das rechtspopulistische Störfeuer aus den Reihen der CSU der vierten Amtszeit Merkels ein vorzeitiges Ende setzt", sagte er. "Wenn es zu Neuwahlen kommen sollte, dann wird sich die Linke dem selbstverständlich stellen." Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Kerstin Andreae mahnte indes alle Beteiligten zur Ruhe. "Diese Hektik und Panik führt nur zu Verunsicherung", sagte sie der Zeitung.

Der Chef der AfD, Alexander Gauland, bezeichnete Neuwahlen gegenüber dem Handelsblatt als "hypothetische Option". Seine Partei sei jedoch ebenfalls "auf jeden Fall" bereit. "Es wäre folgerichtig, dass diese Regierung ihr Scheitern eingesteht", sagte Gauland. FDP-Chef Christian Lindner hatte bereits am Donnerstag Neuwahlen für den Fall eines Auseinanderbrechens der großen Koalition gefordert. Wenn die Regierung scheitern sollte, müssten die Wähler "wieder neu das Wort haben".

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