Süddeutsche Zeitung

Regierungsbildung:SPD-Oberbürgermeister stellen sich hinter Schulz

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Von Christoph Hickmann, Berlin und Lisa Schnell, Irsee

Vor dem entscheidenden Sonderparteitag der SPD am Sonntag in Bonn erhöhen die Befürworter einer großen Koalition noch einmal den Druck. In einer gemeinsamen Erklärung sprachen sich die sozialdemokratischen Oberbürgermeister mehrerer großer Städte für Koalitionsverhandlungen mit der Union aus. Parteichef Martin Schulz stellte für den Fall von Verhandlungen in Aussicht, die Ergebnisse mit der Union nachzuschärfen.

Beim Parteitag werden 600 Delegierte darüber abstimmen, ob die Parteiführung mit CDU und CSU über eine Neuauflage von Schwarz-Rot verhandeln soll. Damit entscheiden sie letztlich auch über die mittelfristige Zukunft der Sozialdemokratie und die Karriere von Martin Schulz.

Die Entscheidung ist umkämpft

Zwar sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil Zeit Online, er halte es für "völlig falsch, inhaltliche Fragen mit Personalfragen zu verknüpfen". Doch in Parteikreisen wird die Auffassung vertreten, dass Schulz im Fall einer Ablehnung nicht Parteichef bleiben kann. Auch dies trägt dazu bei, dass vor dem Parteitag die Nervosität in der SPD wächst. Die Entscheidung ist äußerst umkämpft. Während Schulz und weitere Mitglieder der Parteiführung in dieser Woche versuchen, Skeptiker zu überzeugen, mobilisieren auch die Gegner noch einmal.

In der gemeinsamen Erklärung der Oberbürgermeister heißt es, die Ergebnisse der Sondierungsgespräche dürften für die SPD "kein Grund sein, keine Koalitionsverhandlungen mit der CDU/CSU aufzunehmen". Die Chancen dürften nicht vertan werden. "Denn im Mittelpunkt müssen die Menschen stehen." Zu den Unterzeichnern gehören unter anderem die sozialdemokratischen Oberbürgermeister Dieter Reiter (München), Ulrich Maly (Nürnberg), Frank Baranowski (Gelsenkirchen) und Thomas Geisel (Düsseldorf). Allerdings sind auch diverse namhafte SPD-Kommunalpolitiker nicht dabei.

Schulz erteilt Nachverhandlungen eine Absage

"Die mit einer Regierungsbeteiligung verbundene Möglichkeit, sozialdemokratische Politik für die Menschen zu gestalten, darf nicht ausgeschlagen werden", heißt es in der Erklärung. "Wir unterstützen daher die Aufnahme von Koalitionsgesprächen." Punkte wie "die Grundrente, ein vernünftiges Zuwanderungsgesetz sowie das Bekenntnis zu einem starken Europa" trügen "klar die sozialdemokratische Handschrift", schreiben die Oberbürgermeister. Auch der saarländische Landesverband der SPD sprach sich unterdessen für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen aus - er entsendet aber nur 24 von 600 Delegierten zum Parteitag in Bonn.

SPD-Chef Schulz setzte seine innerparteiliche Werbetour für die große Koalition am Mittwoch in Bayern fort und besuchte die Klausur der SPD-Landtagsfraktion im Kloster Irsee. Dort erteilte er der Forderung nach Nachverhandlungen bei zentralen Eckpunkten eine Absage. Zugleich aber sagte er: "Wenn wir ein Mandat bekommen, in Koalitionsverhandlungen einzutreten, dann beginnt ein Verhandlungsprozess, der das, was in der Sondierung ausgelotet worden ist, vertiefen muss." Dabei werde "sicher das eine oder andere noch dazukommen". Zu der laut Sondierungspapier angestrebten Begrenzung der Flüchtlingszahlen sagte Schulz: "Es gibt keine Obergrenze, und es wird mit der SPD keine geben."

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Quelle:
SZ vom 18.01.2018
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