Süddeutsche Zeitung

Regierungsbildung:Koalition, Kooperation, Krabbelgruppe?

Lesezeit: 2 min

Von Nico Fried, Berlin

Knapp drei Stunden haben die Spitzen von Union und SPD am Mittwochabend zusammengesessen. Danach war wieder ein kleiner Schritt in Richtung Regierungsbildung getan. Wenn auch nur ein sehr kleiner. Die CDU-Vorsitzende, Bundeskanzlerin Angela Merkel, und CSU-Chef Horst Seehofer haben SPD-Chef Martin Schulz offensichtlich klar gemacht, dass für sie nur eine große Koalition in Frage kommt. In einer Erklärung, die nach dem Treffen verbreitet wurde, hieß es, man habe "ein offenes und vertrauensvolles Gespräch geführt". Dabei hätten die Vertreter von CDU und CSU, zu denen neben den Parteivorsitzenden auch noch Fraktionschef Volker Kauder und der CSU-Landesgruppenvorsitzende Alexander Dobrindt gehörten, deutlich gemacht, dass sie mit der SPD "Sondierungen zur Bildung einer stabilen Regierung aufnehmen wollen".

Die SPD, die bei dem Treffen auch durch Fraktionschefin Andrea Nahles vertreten wurde, werde darüber am Freitag in ihren Gremien beraten. Die Diskussion um andere Modelle der Kooperation, die zuletzt in der SPD geführt worden war, hatte die Union zunächst distanziert, dann belustigt und schließlich verärgert zur Kenntnis genommen. Schon vor dem Treffen am Mittwochabend hatten sich Hinweise verdichtet, dass die realistische Alternative nur zwischen einer großen Koalition und Neuwahlen besteht.

Seehofer spricht von einer Idee aus der "Krabbelgruppe"

Bereits am Montag hatte Merkel nach einer CDU-Vorstandssitzung erklärt, dass sie eine Minderheitsregierung nicht für stabil halte. Anschließend lehnte die Union auch einen Vorschlag für eine punktuelle Kooperationskoalition (Koko) aus Reihen der SPD klar ab. CSU-Chef Horst Seehofer sprach von einer Idee wie aus der "Krabbelgruppe". Die neu gewählte SPD-Vize Natascha Kohnen hatte daraufhin bemängelt, der politische Umgang von Seehofer lasse "zu wünschen übrig." Allerdings meldeten sich auch in der SPD kritische Stimmen.

Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann (SPD) sprach sich auch dagegen aus, mit der Union eine offene Koalition einzugehen, in der einige Projekte fest verabredet werden, ansonsten aber wechselnde Mehrheiten im Parlament möglich bleiben sollten. "Natürlich sind alle Modelle, die das Parlament stärken, sehr interessant", schrieb der frühere SPD-Fraktionschef am Mittwoch im Kurznachrichtendienst Twitter. Er warnte die Sozialdemokraten aber indirekt vor allzu großen Erwartungen, mithilfe von Grünen und Linken weitere Anliegen durchsetzen zu können. "Bei wechselnden Mehrheiten hat die linke Mitte in einem Bundestag mit einer rechten Mehrheit von über 400 Mandaten nur wenig zu bestellen", so Oppermann offenkundig in Bezug auf die gemeinsame Mandatszahl von Union, FDP und AfD.

Unklar, ob es vor Weihnachten zu einem weiteren Treffen kommt

Kritik an der KoKo war zuvor aber auch schon vom linken Flügel der SPD gekommen, der faktisch jegliche Unterstützung der SPD für eine weitere Kanzlerschaft Merkels ablehnt. Juso-Chef Kevin Kühnert sagte: "Viele Menschen, die eine große Koalition nicht wollen, haben ein sehr feines Gespür dafür, wenn versucht wird, ihnen ein alternatives Modell zu verkaufen, was unterm Strich dann doch nichts anderes wäre als eine große Koalition."

Merkel will am Donnerstagmorgen den Vorstand ihrer Partei in einer Telefonschaltekonferenz über die Ergebnisse informieren. Das SPD-Präsidium berät am Freitag über das weitere Vorgehen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3790953
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 14.12.2017
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.