Süddeutsche Zeitung

Randale bei Fußball-EM:Polnischer Politiker lobt Hooligans

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"Wir lassen uns nicht ins Gesicht spucken": Ein Warschauer Ratsabgeordneter preist das gewalttätige Auftreten polnischer Schläger rund um das EM-Spiel gegen Russland. Derweil fällen Gerichte erste Urteile gegen die Gewalttäter - die polnische Regierung hält die Strafen für zu lax.

Die brutalen Ausschreitungen zwischen Polen und Russen rund um das EM-Vorrundenspiel der beiden Nationen in Warschau sorgen im EM-Gastgeberland Polen weiter für Wirbel. Nun lobte ein Warschauer Ratsabgeordneter die polnischen Schläger für ihr Verhalten. Nach den Hooligan-Angriffen auf russische Fans am Dienstag twitterte Maciej Maciejowski: "Leider hat die Polizei den Marsch der Russen nicht verboten und die Fans mussten die Ehre der Polen verteidigen! Bravo! Wir lassen uns nicht ins Gesicht spucken."

Vor der EM-Begegnung zwischen Co-Gastgeber Polen und Russland am russischen Unabhängigkeitstag waren mehrere tausend Russen unter massivem Polizeischutz gemeinsam zum Stadion gezogen. Hooligans lauerten ihnen auf riefen Hassparolen und wurden sogar gewalttätig. Auch nach dem Spiel kam es zu nächtlichen Straßenschlachten zwischen Hooligans beider Länder.

Maciejowski sitzt als Mitglied der nationalkonservativen Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) in Warschauer Stadtrat. Vorsitzender der Partei ist Ex-Premier Jaroslaw Kaczynski. Maciejowski hatte in der Vergangenheit bereits öfter mit markigen Parolen für Aufsehen gesorgt. Während der EM ist er als Freiwilliger in der Nähe des Warschauer Nationalstadions im Einsatz - und soll dort vor allem die Polizei bei Verständigungsproblemen mit ausländischen Fans unterstützen.

Der polnische Innenminister Jacek Cichocki nannte die Äußerungen verantwortungslos. "Das würde ja heißen, dass Gewalt gegen andere Menschen erlaubt ist", kritisierte er.

Inzwischen fällte ein Schnellgericht die ersten Urteile gegen die Hooligans. Als höchste Strafe sprach das Bezirksgericht Warschau, das am Donnerstag bis zu 90 Fälle behandeln wollte, bislang eine fünfmonatige Haft aus. Weitere Schläger erhielten Bewährungsstrafen von bis zu zwölf Monaten oder Geldbußen in Höhe von 500 Zloty (116 Euro).

Polens Sportministerin Joanna Mucha kritisierte die Urteile. "Wir können die Justiz nicht beeinflussen, aber meiner Meinung nach könnte die Bestrafung härter ausfallen", sagte Mucha: "Es ist wichtig, eine Atmospäre zu schaffen, in der klar wird, dass solche Situationen keinen Platz haben."

Putin und Tusk wollen hart durchgreifen

Premierminister Donald Tusk und das Innenministerium hatten ein hartes Durchgreifen gegen die Krawallmacher gefordert. Tusk sprach dazu auch mit dem russischen Präsident Wladimir Putin.

Im Telefonat betonte der polnische Regierungschef, dass die negativen Vorkommnisse "keinen Einfluss auf die guten polnisch-russischen Beziehungen" haben sollten. Beide Seiten waren sich einig, dass Hooligans verfolgt werden sollten, egal welche Staatsangehörigkeit sie besitzen. Tusk hob der Mitteilung zufolge auch die Arbeit der polnischen Polizei hervor, die von Putins Berater Michail Fedorow ebenfalls gelobt worden sei.

Die Polizei korrigierte derweil die Zahl der während der Krawalle verletzten Beamten nach oben. 17 Polizisten seien leicht verletzt worden, zuvor war von zehn die Rede gewesen. 13 Streifenwagen seien zerstört worden. Insgesamt sollen 7000 Polizisten an dem Großeinsatz beteiligt gewesen sein.

Die Polizei hatte 184 Personen festgenommen, darunter 157 polnische Hooligans und 24 aus Russland. Bei den heftigen Auseinandersetzungen, die nach Provokationen polnischer Hooligans während eines Fanmarsches von mehr als 1000 russischen Anhängern zum Nationalstadion entbrannt waren, hatte die Polizei Wasserwerfer, Tränengas und Gummigeschosse gegen die Hooligans eingesetzt. Die Beamten waren mit Flaschen und Steinen beworfen worden. Schlagstöcke, Schlagringe und andere Waffen wurden beschlagnahmt.

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