Süddeutsche Zeitung

Verschwörungsmythenverbreiter:Verfassungsschutz in Baden-Württemberg beobachtet "Querdenker"

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Das Landesamt in dem Bundesland stuft "Querdenken 711" als Beobachtungsobjekt ein. Die Gruppe radikalisiere sich und sei durch Extremisten unterwandert.

Das Landesamt für Verfassungsschutz in Baden-Württemberg beobachtet als erstes in Deutschland die "Querdenken"-Bewegung. Wie die Deutsche Presse-Agentur in Stuttgart am Mittwoch erfuhr, stufte das Landesamt "Querdenken 711" als Beobachtungsobjekt ein.

Es lägen "hinreichend gewichtige Anhaltspunkte für eine extremistische Bestrebung" vor, teilten Innenminister Thomas Strobl und Verfassungsschutzpräsidentin Beate Bube am Mittwoch in Stuttgart mit. Mehrere maßgebliche Akteure der "Querdenken"-Bewegung ordne das Landesamt dem Milieu der Reichsbürger und Selbstverwalter zu, die die Existenz der Bundesrepublik leugnen und demokratische und rechtsstaatliche Strukturen negieren, hieß es.

Die Gruppe, die seit Monaten gegen die staatlichen Corona-Einschränkungen auf die Straße geht, radikalisiere sich und sei durch Extremisten unterwandert, hieß es in Sicherheitskreisen.

Strobl hatte zuletzt vor dem zunehmenden Einfluss von Extremisten und Verfassungsfeinden in Reihen der "Querdenker" gewarnt. Die Bewegung speise sich aus Reichsbürgern, Selbstverwaltern, Rechtsextremen und Verschwörungsmythenverbreitern, die die Demonstranten instrumentalisierten.

Der Stuttgarter "Querdenken"-Gründer Michael Ballweg hat sich immer wieder gegen die Vorwürfe gewehrt. Zuletzt hatte der Unternehmer Ende vergangener Woche der dpa gesagt: "Wir sind eine friedliche Bewegung und keine politische Partei." Extremismus, Gewalt, Antisemitismus und menschenverachtendes Gedankengut hätten ebenso wenig Platz bei den "Querdenkern" wie die Symbole dieser Denkweisen.

Neue Art des Extremismus

In der vergangenen Woche hatte bereits der Chef des thüringischen Verfassungsschutzes, Stephan Kramer gesagt, wenn er alle Erkenntnisse aus Thüringen und anderen Bundesländern betrachte, "dann liegen diese hinreichenden Anhaltspunkte für mich vor, um zumindest zu einem Verdachtsfall zu gelangen".

In einer gemeinsamen Analyse der Verfassungsschützer von Bund und Ländern, über die Süddeutsche Zeitung , NDR und WDR berichteten, heißt es: Zum Teil befänden sich unter den Demonstranten Normalbürger, zum Teil klassische Rechtsextremisten. Es sei aber auch von einem neuartigen Extremismus auszugehen - Gruppen, die Verschwörungsmythen verbreiten und damit das Vertrauen in staatliche und weitere Institutionen unterminieren wollen.

Auch die Innenministerkonferenz will sich an diesem Donnerstag mit dem Thema befassen. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) hatte bereits eine schnelle Beobachtung der Bewegung gefordert.

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