Süddeutsche Zeitung

Präsidentschaftswahl:Europa schaut auf Frankreich

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In einer Schicksalswahl für Europa stimmen die Franzosen über ihren neuen Präsidenten ab. Gleich vier Kandidaten haben gute Chancen, sich an diesem Sonntag für die entscheidende Stichwahl der beiden Finalisten zu qualifizieren - darunter die EU-Gegnerin Marine Le Pen und der linke Europakritiker Jean-Luc Mélenchon.

Insgesamt treten in der ersten Runde elf Kandidaten an. Die Wahllokale öffnen um 8.00 Uhr. Mit ersten offiziellen Ergebnissen wird frühestens um 20 Uhr gerechnet. Insgesamt 47 Millionen Franzosen sind stimmberechtigt.

Nach den Terroranschlägen der vergangenen Jahre wählt Frankreich erstmals unter den Bedingungen des Ausnahmezustands. Mehr als 50 000 Polizisten und 7000 Soldaten schützen den ersten Wahlgang. Der Anschlag vom Donnerstagabend auf der Pariser Prachtstraße Champs-Élysées hat die Nervosität weiter erhöht.

Le Pen will ihr Land bei einem Sieg in der Stichwahl am 7. Mai aus dem Euro führen und ein Referendum über die EU-Mitgliedschaft ansetzen. Mélenchon möchte die europäischen Verträge neu verhandeln und über das Resultat in einer Volksbefragung abstimmen lassen, zudem will er das Verteidigungsbündnis Nato verlassen.

Der sozialliberale Emmanuel Macron und der Konservative François Fillon stehen zur EU und wollen Frankreich reformieren.

Sozialisten werden Elysée wohl nicht verteidigen

Umfragen ließen ein ungewöhnlich knappes Rennen erwarten. Macron lag zuletzt leicht vor oder auf Augenhöhe mit Le Pen, Fillon und Mélenchon nur wenige Prozentpunkte dahinter.

Die Sozialistische Partei des unbeliebten Amtsinhabers François Hollande wird den Elysée wohl nicht verteidigen: Ihr Kandidat Benoît Hamon ist in den Umfragen weit abgeschlagen.

Innerhalb Frankreichs gilt bis 20 Uhr eine Nachrichtensperre für Wahlbefragungen oder erste Auszählungen - so lange kann an manchen Orten gewählt werden.

Allerdings könnten schon vorher erste Zahlen durchsickern: Medien in der Schweiz und in Belgien hatten beim letzten Mal schon am späten Nachmittag erste Trends verkündet.

Sicherheitspolitik stand beim Wahlkampf-Endspurt im Mittelpunkt

In manchen französischen Überseegebieten wurde wegen der Zeitverschiebung schon am Samstag gewählt. Am Wochenende waren Kundgebungen und Medienauftritte der Kandidaten verboten.

Schon nach der Pariser Terrorattacke vom Donnerstagabend hatten mehrere Präsidentschaftsanwärter letzte Termine abgesagt. Ein 39-Jähriger hatte mit einem Kalaschnikow-Sturmgewehr auf Polizisten geschossen und einen von ihnen getötet. Zwei weitere Beamte und eine deutsche Passantin wurden verletzt. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) reklamierte die Bluttat für sich.

Die Attacke hatte die Sicherheitspolitik zum Abschluss des Wahlkampfs in den Mittelpunkt gerückt. Frankreich war in den vergangenen Jahren Ziel mehrerer islamistischer Anschläge.

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