Süddeutsche Zeitung

Parteiinterne Kritik:SPD-Basis ist sauer auf Martin Schulz

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Von Joachim Käppner, München

Das politische Schicksal der Kanzlerin und die geplante große Koalition hängen nun von der Zustimmung der SPD-Basis ab. Dort aber rumort es, seit sich die Spitzen von CDU, CSU und SPD am Mittwoch auf ein Regierungsbündnis geeinigt haben. Der Unmut konzentriert sich auf Noch-Parteichef Martin Schulz, der nun Außenminister werden soll. Nach der Bundestagswahl hatte er verkündet, seine Partei werde nicht mit der Union koalieren und er selbst kein Amt in einem Kabinett Angela Merkels (CDU) übernehmen. Selbst Befürworter der "Groko" wie Michael Groschek, Vorsitzender des größten SPD-Landesverbandes Nordrhein-Westfalen, räumten am Donnerstag ein, Schulz' Verhalten schaffe "ein Glaubwürdigkeitsproblem".

Beim SPD-Mitgliederentscheid, dessen Ergebnis am 4. März bekanntgegeben werden soll, könnte sich das rächen, befürchtet der SPD-Wirtschaftspolitiker Bernd Westphal. Juso-Chef Kevin Kühnert, einer der schärfsten Groko-Gegner, setzt wiederum auf ein solches Veto der Mitglieder. Er sagte, in seiner Partei werde es "Debatten von einer ganz anderen Dimension" geben, sollte die Basis Nein sagen. Im Landesverband Hessen hieß es: "Die Geschichte von Schulz und der SPD war ein großes einjähriges Missverständnis."

Offener Brief der Parteilinken erhebt schwere Vorwürfe gegen Schulz

Der scheidende Außenminister Sigmar Gabriel kritisierte Schulz und die SPD scharf. "Was bleibt, ist eigentlich nur das Bedauern darüber, wie respektlos bei uns in der SPD der Umgang miteinander geworden ist und wie wenig ein gegebenes Wort noch zählt", sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Das Amt des Außenministers habe er "gern und in den Augen der Bevölkerung offenbar auch ganz gut und erfolgreich" ausgeübt. Er bedauere, so Gabriel, "dass diese öffentliche Wertschätzung meiner Arbeit der neuen SPD-Führung herzlich egal war". Mehrere SPD-Bundestagsabgeordnete unterzeichneten einen offenen Brief der Parteilinken, in dem sie Schulz vorwarfen, das Ergebnis des SPD-Parteitages vom Dezember "ad absurdum zu führen". Damals war er als Vorsitzender bestätigt worden. In der Union fiel die Kritik gedämpfter, aber auch teilweise deutlich aus. "Der Verlust der Schlüsselressorts schmerzt", sagte Wolfgang Reinhart, Chef der Landtagsfraktion in Baden-Württemberg. Besonders der Wirtschaftsflügel der Union monierte, dass die SPD das Finanzministerium erhalten soll. Der Vorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung von CDU und CSU, Carsten Linnemann, klagte, die Ressortaufteilung gehe "mitten ins Mark" der CDU. Für die Partei "könnte sich der 7. Februar 2018 als Zäsur herausstellen, als Anfang vom Ende der Volkspartei CDU".

Der hessische Ministerpräsident und CDU-Vize Volker Bouffier verteidigte den Koalitionsvertrag. Er enthalte "viel Gutes". Der CDU-Bundestagsabgeordnete Kai Whittaker, der die Einigung mit ausgehandelt hatte, schrieb auf Twitter: "Dieses Merkelbashing vom Ausverkauf der CDU ertrage ich nicht mehr." Die Kritiker erinnerten ihn "an ein trotziges Kind, das beleidigt aufstampft". Die CSU stimmte dem Koalitionsvertrag am Donnerstag als erster der möglichen Partner zu.

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SZ vom 09.02.2018
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