Süddeutsche Zeitung

Pakistan:Terror vor der Wahl

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Am Donnerstag sollen die Pakistaner eine neue Regierung wählen. Nach einem weiteren tödlichen Terroranschlag fordert eine ultrakonservative Partei, die Abstimmung zu verschieben.

Von David Pfeifer, Bangkok

Am Donnerstag soll in Pakistan gewählt werden. "Mehr als 120 Millionen Menschen werden am 8. Februar von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen", sagte der geschäftsführende Informationsminister Murtaza Solangi am Montag laut dem pakistanischen Nachrichtenmagazin The Dawn. Geschäftsführend deswegen, weil Pakistan seit August vergangenen Jahres von einer Übergangsregierung geführt wird. Davor war eine Koalition an der Macht, die wiederum Premierminister Imran Khan im April 2022 durch ein Misstrauensvotum aus dem Amt gedrängt hatte. Die letzten regulären Wahlen, bei denen Kahn gewonnen hatte, fanden 2018 statt. Doch wie die kommenden Wahlen verlaufen werden, ist auch zwei Tage vorher noch nicht ganz klar.

In der Morgendämmerung am Montag wurde eine Polizeistation in der Provinz Khyber Pakhtunkhwa attackiert. Mindestens zehn Polizisten starben, sechs weitere wurden verletzt. "Nachdem sie in das Gebäude eingedrungen waren, setzten die Terroristen Handgranaten ein", erklärte der stellvertretende Polizeichef von Daraban, wo die Attacke erfolgte. Bislang hat sich noch keine der in Pakistan ansässigen Terrorgruppen zu dem Anschlag bekannt, aber dass die Wahlen ein Anlass sind, um sich noch einmal in Erinnerung zu bringen, gilt als gesichert.

Schon vergangene Woche tötete ein Bombenanschlag vier Menschen

Bereits am vergangenen Mittwoch war an anderer Stelle in Khyber Pakhtunkhwa ein Kandidat für die Nationalversammlung erschossen worden. Am selben Tag wurde ein weiterer politischer Führer im Wahlbüro seiner Partei in der Provinz Belutschistan ermordet. Am vergangenen Dienstag wurden nach einer Wahlkampfveranstaltung vier Menschen durch einen Bombenanschlag in Belutschistan getötet. Der Islamische Staat bekannte sich dazu.

Belutschistan ist eine Provinz, die teilweise in Pakistan und teilweise in Iran liegt. Vor zwei Wochen war es zu Angriffen aus Teheran und Islamabad auf das Gebiet des jeweils anderen Staates gekommen, um Terroristengruppen zu treffen. Gleichzeitig wurde diplomatisch deeskaliert. Denn beide Länder haben ein gemeinsames Problem mit dem Terror in der Region. Belutschistan ist reich an Bodenschätzen, aber arm an Infrastruktur, die Kriminalität blüht. Entführung, Erpressung und Schutzgeld dienen diversen Terrorgruppen als Einnahmequellen. So wie auch im benachbarten Khyber Pakhtunkhwa, das wiederum an Afghanistan grenzt. Daraban, wo die Anschläge am Montag erfolgten, liegt in einem Gebiet, das als Hochburg der ultrakonservativen muslimischen Partei Jamiat Ulema-e-Islam (JUI) gilt. Im vergangenen Juli zündete ein Selbstmordattentäter bei einer JUI-Kundgebung eine Bombe und riss 45 Menschen mit in den Tod.

Fazal-ur-Rehman, der Vorsitzende der JUI, war erst im vergangenen Monat nach Kabul gereist, um den obersten Führer der Taliban zu treffen. Es war der erste Besuch eines hochrangigen Politikers seit der Machtübernahme in Afghanistan im Jahr 2021. Es ging unter anderem um den Terror in der Grenzregion, der schlecht ist für den Handel und die Menschen dort. Trotzdem kam es nun zu dieser Welle von Anschlägen. Die JUI hat aufgrund von Sicherheitsbedenken bereits eine Verschiebung der Wahlen gefordert.

Dabei ist in Islamabad alles schon so arrangiert, dass der vom mächtigen Militär favorisierte Kandidat Nawaz Sharif quasi nicht mehr verlieren kann. Vor allem wurde der weiterhin populäre, ehemalige Premierminister Imran Khan aus dem Weg geräumt. Am vergangenen Wochenende bekam Khan, der bereits im Gefängnis sitzt, weitere sieben Jahre aufgebrummt, gemeinsam mit seiner Frau Bushra, die ebenfalls sieben Jahre in Haft soll, weil beide nach der Scheidung von Bushras früherem Ehemann die vom Islam vorgeschriebene Wartezeit bis zur Hochzeit nicht eingehalten hatten.

Die Urteile gegen Khan und seine Frau wurden "nach stundenlangen überstürzten Anhörungen vor Gericht gefällt", wie ein Sprecher von Khans Partei hinterher erklärte. "Mit der Art und Weise, wie diese Prozesse geführt werden, werden die Wahlen am 8. Februar infrage gestellt." Stattfinden sollen sie aber trotzdem.

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