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Österreich vor Neuwahlen:Strache startet Kampf ums Kanzleramt

Lesezeit: 2 min

Von Leila Al-Serori

Österreich hat sich in den vergangenen Tagen mitten in den Wahlkampf für vorgezogene Parlamentswahlen katapultiert. Dass im Herbst gewählt wird, daran zweifelt mittlerweile niemand mehr. Ebenso wenig daran, dass die Wahl kein Duell zwischen ÖVP-Außenminister Sebastian Kurz und SPÖ-Kanzler Christian Kern wird, sondern ein Kampf von drei Alphamännern. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis sich der Dritte im Bunde einschaltet.

Dieser setzt sich am Montag im tiefblauen Anzug, mit Pünktchen-Krawatte und Brille für einen halbstündigen Monolog vor die Presse in Wien. Eine "Zumutung für Österreich", ein "Intrigantenstadl" sei die jetzige Regierung aus SPÖ und ÖVP, kommentiert Heinz-Christian Strache die aktuellen Entwicklungen. Es gebe keine Alternative zu Neuwahlen im Herbst. Hinter dem FPÖ-Chef prangt sein eigenes Konterfei mit dem Slogan "Auf ihn kann Österreich immer zählen" - sein neues Plakatsujet. Strache nützt die Querelen in der Regierung für seinen Wahlkampfstart, als Chef der größten Oppositionspartei profitiert er besonders davon.

Kurz hat die Themen der Rechten besetzt

Seit gut zwölf Jahren ist Strache Obmann der FPÖ - er ist damit der längstdienende Parteichef in Österreich. Unter ihm sind die Rechtspopulisten stetig gewachsen, Umfragen sagen ihnen derzeit an die 30 Prozent und damit Platz eins voraus. Ein Kurz an der Spitze der ÖVP gefährdet diese Platzierung allerdings. Der Minister hat mit einer harten Asylpolitik und EU-kritischen Tönen die einzigen relevanten Themen der Rechten besetzt. Umso mehr schießt sich Strache nun auf den 30-jährigen Außenminister ein.

Die Pläne von Kurz für die Neugestaltung der ÖVP nennt er einen "Etikettenschwindel". Der Außenminister sei schließlich seit Jahren im Führungsteam der Konservativen, er habe maßgeblich zum heutigen Profil der Partei beigetragen. Kurz wäre damit kein Wandel, den könne nur er selbst herbeiführen, so Strache, und betont seine eigene langjährige Erfahrung - auch wenn er noch nie regiert hat. Während die Regierungsparteien eine Reihe an Parteiobmännern ausgetauscht hätten, sei er seit Jahren für die FPÖ an der Spitze. "Wir haben uns in die Herzen der Österreicher hineingearbeitet", sagt er, "und damit ÖVP und SPÖ in Angst versetzt."

Strache vermeidet an diesem Montag polemische Attacken - er will schließlich regieren. Für ihn ist der Bruch in der österreichischen Regierung außerdem Aufwind genug. Strache will nun für Kontinuität stehen, er sei ihm zufolge die sichere Wahl für die Österreicher. Dass auch seine FPÖ immer wieder personelle Querelen durchlebte, lässt er in dieser Pressekonferenz außen vor. In Salzburg hat sich beispielsweise erst vor Kurzem die dortige Landespartei gespalten. Auch was sich inhaltlich konkret mit ihm in der Regierung ändern würde, sagt er nicht.

Nichtsdestotrotz hat Straches FPÖ gute Chancen, künftig mitzuregieren. Den Rechtspopulisten nützt die Zerfleischung der großen Koalition und die eigene Positionierung als Alternative, um weiter zu erstarken. Selbst wenn sie bei Neuwahlen, was derzeitigen Umfragen zufolge eher unwahrscheinlich ist, nur auf Platz drei landen, könnten sie der Juniorpartner einer ÖVP- oder eben SPÖ-Regierung sein. Besonders Sebastian Kurz gilt als Befürworter einer Koalition mit der FPÖ. Aber auch Christian Kern lehnt eine Zusammenarbeit bisher nicht von vornherein ab. Klar ist: SPÖ und ÖVP wollen wohl nicht mehr miteinander - abseits einer Minderheitsregierung ist den aktuellen Umfrageverhältnissen zufolge ein Bündnis mit Strache die einzige Alternative.

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