Süddeutsche Zeitung

Entlastungspaket:Neun-Euro-Ticket: Bayern fordert Erstattung für Studierende

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Bislang will der Bund nicht versprechen, dass auch Studierende von den geplanten Rabatten im öffentlichen Nahverkehr profitieren. Bayern verlangt nun eine klare Ansage.

Von Moritz Baumann, Berlin

Die Ankündigung der Ampelkoalition, die Ticketpreise im ÖPNV für drei Monate stark zu reduzieren, hat für Chaos und Verwirrung gesorgt. Bei den Verkehrsunternehmen glühten die Telefone heiß. Abonnenten, die gerade erst für viel Geld Monats- und Jahreskarten gekauft hatten, fürchteten, leer auszugehen. Schnell setzte die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang einen Tweet ab: Natürlich solle das Neun-Euro-Ticket auch für Kunden mit Jahres- oder Monatsabos gelten. So weit, so gut.

Doch es gibt noch eine Gruppe, die fast jeden Tag Busse und Bahnen nutzt, um in Hörsäle, Labore und Bibliotheken zu kommen. Bislang ist nicht geklärt, ob sich auch die rund 3 Millionen Studierenden in Deutschland über ein unerwartetes Geldgeschenk freuen können. Im April startet in vielen Städten das Sommersemester. Die Semesterbeiträge, die meist auch das ÖPNV-Ticket enthalten, sind längst überwiesen. Wird es nun eine Rückerstattung geben?

Das Bundesverkehrsministerium will das auf SZ-Anfrage nicht versprechen. Eine Sprecherin verweist auf die laufenden Beratungen. Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe arbeite die Details zum Neun-Euro-Ticket aus, offene Fragen würden "zügig" geklärt.

Aus Regierungskreisen heißt es, in der AG werde auch über die "Einbeziehung spezieller Ticketarten" gesprochen, womit wohl unter anderem Semestertickets gemeint sind. Es bestünde "Einigkeit", dass das Neun-Euro-Angebot für Bestandskunden gelten soll. Die Vertreter der Verkehrsunternehmen pochen nach SZ-Informationen darauf, dabei auch die Studierenden zu berücksichtigen.

"Die Ampel vergisst eine ganze Generation", sagt der bayerische Wissenschaftsminister Blume

Der Bund will die Kosten der Rabattaktion tragen. Bayern fordert nun eine klare Ansage: "Der Bund hat Länder, Kommunen und Verkehrsverbünde mit einer Schlagzeile abgespeist ", sagt der bayerische Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) der SZ. "Ich gehe davon aus, dass auch Studentinnen und Studenten ihren Anteil für ein Semesterticket zurückerstattet bekommen."

Im Wissenschaftsministerium wird der neue Hausherr Markus Blume, bis Anfang des Jahres Generalsekretär der CSU, noch deutlicher: "Die Ampel vergisst eine ganze Generation. Das macht mich fassungslos", sagt er. "Unsere Studierenden haben besonders unter der Pandemie gelitten."

Zeitgleich entbrennt eine Diskussion, wie gerecht der Pauschalpreis von neun Euro ist: So zahlen beispielsweise Studierende in Frankfurt (Oder) 200 Euro pro Semester und dürfen dafür in ganz Berlin und Brandenburg fahren. In Bamberg kostet das Ticket dagegen nur rund 44 Euro, allerdings ist auch der Geltungsbereich deutlich kleiner.

Die Lage sei unübersichtlich, sagt der Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks, Matthias Anbuhl, und mahnt eine "möglichst unbürokratische Lösung" an. Die Verhandler müssen jetzt klären, ob eine automatisierte Erstattung technisch möglich ist. Auch ein Antragsverfahren beim Studentenwerk oder dem zuständigen Verkehrsverbund ist denkbar.

Die Mehrheit der Länder hatte vergangene Woche sogar einen dreimonatigen Nulltarif gefordert. Das wäre einfacher umzusetzen. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) lehnte das ab: Die Ampelkoalition habe sich "abschließend" auf die neun Euro geeinigt. Wissing rechnet mit Kosten von etwa 2,5 Milliarden. Das Billigticket, das für drei Monate 27 Euro kosten soll, werde nicht bundesweit gelten, sondern immer nur in einem Verkehrsverbund, so Wissing. Als Starttermin peilt der Verkehrsminister den 1. Mai an. Bis dahin heißt es: abwarten.

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