Süddeutsche Zeitung

Nach Rede des AfD-Landeschefs:Spott und Empörung: Das sind die Reaktionen auf Höckes Rassismus

Lesezeit: 2 min

Von Simon Hurtz

"Purer biologischer Rassismus"

Der Titel der Veranstaltung gab bereits die Richtung vor, doch mit seiner Rede setzte Björn Höcke dann nochmal einen drauf. Auf einer Tagung zum "Ansturm auf Europa" und der "sich nach Deutschland ergießenden Asylantenflut" faselte der Thüringer AfD-Chef Ende November von "zwei unterschiedlichen Reproduktionsstrategien" in Europa und Afrika. Die afrikanische Bevölkerung würde auf eine "möglichst hohe Wachstumsrate" abzielen und solange Deutschland diese Menschen bereitwillig aufnehme, werde "sich am Reproduktionsverhalten der Afrikaner nichts ändern".

Als Ende vergangener Woche ein Mitschnitt der Rede im Internet auftauchte, fand der Extremismus-Forscher Hajo Funke klare Worte. Höckes " purer biologischer Rassismus" sei "unterste Schublade". Dem NDR sagte er, die AfD sei eine Partei, "die sich rechtspopulistisch gebe und nun einen Rassisten der ersten Sorte in ihren Reihen habe". Auch die Amadeu-Antonio-Stiftung erkannte "blanken Rassismus", der "auf einer Linie mit der Rassentheorie des Nationalsozialismus" sei.

Ramelow spottet über die AfD

Mittlerweile gibt es die ersten Reaktionen aus der Politik. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow scheint Spaß daran gefunden zu haben, sich über Höcke lustig zu machen. Bei Twitter spottete er, dass offenbar die ganze AfD-Spitze mit dem von Höcke diagnostizierten "Verbreitungstyp 'klein r' infiziert" sei und retweetet seitdem die Antworten anderer Twitter-Nutzer.

Biologen benutzen die Begriffe "r-Strategie" und "K-Strategie", um das Fortpflanzungsverhalten verschiedener Arten voneinander abzugrenzen. r-Strategen sind etwa Bakterien, Läuse und Ameisen, die auf eine hohe Reproduktionsrate setzen. Die meisten Säugetiere, darunter auch der Mensch, verfolgen eine K-Strategie: Sie zeugen wenige Nachkommen, die dafür eine hohe Überlebenschance haben.

Ramelow hatte in der Vergangenheit bereits mehrfach vor Höcke gewarnt und ihn als "Hassprediger im eleganten Nadelstreifen", später auch als "braunen Staubsauger" bezeichnet, der "ganz bewusst mit verbalen Anleihen am SA-Jargon" spiele.

Die CDU sieht Höcke als "Rechtsextremist entlarvt"

Doch auch aus anderen Ecken des politischen Spektrums kommt Kritik. Thüringens Landtagspräsident Christian Carius (CDU) sagte dem MDR, Höcke habe sich in eine "gefährliche Nähe zur Argumentation der Nationalsozialisten" begeben und sich damit als Rechtsextremist entlarvt. Offenbar habe sich Höcke bislang in seinen Reden in der Öffentlichkeit nur verstellt - eine Aussage die überrascht, da Höcke bereits mehrfach am rechten Rand gefischt hatte. So skandierte er bei einer Demonstration in Erfurt "Thüringer! Deutsche! 3.000 Jahre Europa. 1.000 Jahre Deutschland" oder behauptete, Deutschland würde sich mit den Flüchtlingen "sozialen Sprengstoff importieren".

Stefan Gruhner, Abgeordneter im Thüringer Landrat und Vorsitzender der JU Thüringen, forderte bei Twitter "klare Kante gegen die AfD". Der "Rechtsextremist" Höcke sei "parlamentsunwürdig".

Sogar der Jugendorganisation der eigenen Partei scheint Höcke zu weit gegangen zu sein. Der bayerische Landesverband der Jungen Alternative für Deutschland postete bei Facebook in Großbuchstaben: "ES REICHT: BJÖRN HÖCKE MUSS WEG". Dessen Aussagen widersprächen "den Grundsätzen der AfD", deshalb solle der Bundesvorstand ein Ausschlussverfahren gegen Höcke einleiten. Die JA fürchtet angesichts der "wiederholten unsachlichen Äußerungen", dass Höcke "sich mit den Grundsätzen der AfD nicht identifiziert und auch in Zukunft nicht in der Lage ist, die Werte der AfD zu vertreten."

Mittlerweile hat die JA Bayern den entsprechenden Post gelöscht. Da "auch andere Vertreter der Partei Ihre öffentlichen Beiträge zurückgenommen", hätten, habe man sich entschlossen, den Beitrag löschen, "sodass eine parteiinterne Diskussion stattfinden kann" - selbstverständlich "nach interner Diskussion und auf freiwilliger Basis".

Höcke ein Rassist? Unmöglich!

Bei der AfD in Thüringen verwehrt man sich gegen Kritik. Höcke Rassismus zu unterstellen, sei "an den Haaren herbeigezogen". Eine Sprecherin der Thüringer Landtagsfraktion sagte dem NDR, Höcke lehne die "völlig absurde Rassentheorie des Nationalsozialismus" entschieden ab. Diese widerspreche seinem christlichen Menschenbild.

Auch Höckes Zuhörer waren keineswegs entsetzt, sondern vielmehr begeistert. Das neurechte Magazin Sezession schreibt von einem "fulminanten Vortrag", einer "Rede mit reichlich Galgenhumor", die "immer wieder von Akklamationen unterbrochen wurde und schließlich in Stehapplaus endete".

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2781437
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.