Süddeutsche Zeitung

Migrationspolitik:Koalition einigt sich auf Asyl-Schnellverfahren

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Von Constanze von Bullion und Mike Szymanski, Berlin

Im Streit um die Asylpolitik haben CDU, CSU und SPD am Donnerstagabend einen Durchbruch erzielt. Für Flüchtlinge, die bereits in anderen EU-Ländern einen Asylantrag gestellt haben, soll künftig jenes Schnellverfahren gelten, das ähnlich in Transitbereichen an Flughäfen angewandt wird. Innerhalb von maximal 48 Stunden soll die Zurückweisung in das EU-Erstankunftsland vollzogen werden. Während dieser Zeit bleiben die Flüchtlinge in Gewahrsam. Rechtlich gesehen sind sie nicht eingereist. Die Regelung soll nur an der deutsch-österreichischen Grenze gelten.

Nach Angaben von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) handle es sich im Schnitt täglich um nur fünf Personen, die unter das neue Verfahren fallen. Für die weitaus größere Gruppe an Flüchtlingen, die bereits in anderen EU-Ländern registriert wurden, dort aber keinen Asylantrag gestellt haben, soll ein gesondertes, ebenfalls beschleunigtes Verfahren gelten.

Die CSU geht auf Forderungen der SPD ein

SPD-Chefin Andrea Nahles hatte zunächst erklärt, geschlossene Transitzentren abzulehnen. Angesichts der äußerst geringen Fallzahlen und der kurzen Verfahrensdauer hält sie das nun verabredete Konzept aber nicht mit früheren Vorschlägen der CSU für vergleichbar, die ihre Partei in der Vergangenheit "als Haftzentren" strikt abgelehnt hatte. Es sollen auch keine Zentren gebaut werden. Die Polizei werde ihre grenznahen Gebäude nutzen. Die CSU geht im Gegenzug auf Forderungen der SPD ein. Beispielsweise soll die Zuständigkeit für Rückführungen von den Ländern an den Bund übergeben werden können. Bis Jahresende soll ein Einwanderungsgesetz erarbeitet werden.

Das Asylpaket ist allerdings an Bedingungen geknüpft. Seehofer muss noch bilaterale Vereinbarungen mit den europäischen Partnern zu den Rückführungen treffen. Ohne könne es nicht in Kraft gesetzt werden, betonte Nahles. "Es werden sehr schwierige Gespräche", sagte Seehofer. Er gehe davon aus, dass am Ende die wichtigsten Punkte dieser Vereinbarungen von den Regierungschefs fixiert werden müssten.

Kurz hoffe auf eine Verständigung mit Italien

Seehofer traf am Donnerstag Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Sie wollen den Druck auf die italienische Regierung erhöhen, Flüchtlinge zurückzunehmen, die nach Deutschland wollen. Bereits in der kommenden Woche sollen sich in Innsbruck die Innenminister von Deutschland, Österreich und Italien treffen. Ziel sei es, die Mittelmeerroute zu schließen, sagte Kurz nach dem Treffen: Er hoffe auf eine Verständigung mit Italien. Sollte es allerdings nicht dazu kommen, "werden sowohl Deutschland als auch Österreich Maßnahmen setzen müssen, die zu einer faktischen Durchsetzung dessen führen, was heute eigentlich europäisches Recht sein sollte." Die griechische Regierung hat Kanzlerin Angela Merkel bereits die Bereitschaft signalisiert, weitergewanderte Flüchtlinge zurückzunehmen.

Bei seinem Besuch in Berlin lehnte Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán es dagegen am Donnerstag strikt ab, Flüchtlinge von Deutschland zurückzunehmen. Deutschland könne Ungarn dankbar sein, weil es die Balkanroute abgeriegelt habe: "Das ist Solidarität."

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Quelle:
SZ vom 06.07.2018
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