Süddeutsche Zeitung

Europa-Wahlprogramm:Die Linke sucht den Konflikt mit den Reichen

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Die Partei hat es gerade nicht leicht, eine mögliche Wagenknecht-Konkurrenz sitzt ihr im Nacken. Vor der Europawahl versucht sie sich mit linken Klassikern zu profilieren.

Die Linke will in Europa Konzerne stärker besteuern, die soziale Absicherung ausweiten und schärfere Klimaziele durchsetzen. Die Ziele formuliert die Parteispitze in ihrem Programmentwurf zur Europawahl 2024. Parteichef Martin Schirdewan nannte als zentrale Punkte Umverteilung, Armutsbekämpfung und die Übernahme von Schlüsselsektoren wie der Energieversorgung durch die öffentliche Hand. "Wer Europa will, muss es den Reichen nehmen", sagte die Co-Vorsitzende Janine Wissler. Die Europawahl soll vom 6. bis 9. Juni 2024 in allen 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union abgehalten werden.

In Deutschland steht die Linke unter Druck durch schlechte Wahlergebnisse und die mögliche Gründung einer Konkurrenzpartei durch die Bundestagsabgeordnete Sahra Wagenknecht, die womöglich schon zur Europawahl antreten könnte. Wissler und Schirdewan wollten darauf nicht eingehen. Die Linke sei das "Bollwerk gegen rechts", sagte Schirdewan. Die Partei stelle sich gegen Ressentiments und Angst - sie wolle Mut machen.

Die Parteispitze bezieht sich "auf die Wut vieler Menschen"

Die großen Linien in dem mehr als 80-seitigen Programmentwurf: mehr öffentliche Ausgaben und weniger Auflagen durch europäische Schuldenregeln; mehr Steuern auf hohe Einkommen und Konzerngewinne; strikter Klimaschutz mit "Klimagerechtigkeit" zum Beispiel durch sozial gestaffelte Energiepreise gemeinnützig organisierter Versorger; eine möglichst wenig eingeschränkte Asylpolitik mit "öffentlicher Seenotrettung"; eine Stärkung des Europäischen Parlaments im politischen EU-Gefüge.

In dem Entwurf finden sich auch etliche konkrete Forderungen, so etwa eine Vier-Tage-Woche, eine europäische Kindergrundsicherung oder die Perspektive auf kostenlose Busse und Bahnen.

Wissler sagte, eine ihrer "persönlichen Lieblingsforderungen" sei die Gründung einer "United Railways of Europe", einer Dachgesellschaft, die ein dichtes Bahnnetz mit sozial gedeckelten Ticketpreisen in Europa koordiniert. Das Ziel: mehr öffentlicher Verkehr, weniger Autos.

Die Parteispitze sieht Reformbedarf der EU und bezieht sich auf die "Wut vieler Menschen", stellt die Gemeinschaft aber nicht grundsätzlich in Frage. Die Rede ist von einem "Europa der sozialen Gerechtigkeit, in dem alle Menschen in Würde und frei von Armut leben können", einer "demokratischen EU" mit weniger Lobbyismus und einer "EU, die dem Frieden verpflichtet ist". In dem Zusammenhang fordert das Papier auch eine diplomatische Initiative der EU, um den russischen Angriffskrieg in der Ukraine zu beenden.

Schirdewan betonte, die Linke mache "keinen Wettbewerb mit Rechtspopulisten um Mobilisierung der Niedertracht", sondern biete "progressive Konzepte". Sie suche den Konflikt mit den Reichen und Konzernen, "aber nicht eben reaktionär, sondern verbindend".

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