Süddeutsche Zeitung

Kritik an Polen:Tusk kritisiert EU-Verfahren gegen Polen

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Es hätte andere Wege gegeben

Der Präsident des Europäischen Rates, Donald Tusk, hat das Vorgehen der Europäischen Union (EU) gegen sein Heimatland Polen kritisiert. Wegen umstrittener Gesetzesvorhaben der nationalkonservativen Regierung hatte die EU-Kommission vergangene Woche entschieden, ein Verfahren zur Überprüfung der Rechtsstaatlichkeit gegen das osteuropäische Land einzuleiten.

Die Kommission habe zwar vermutlich in guter Absicht gehandelt, es hätte aber andere Wege gegeben, sagte Tusk, der selbst von 2007 bis 2014 Regierungschef in Warschau war. Am Dienstagmorgen traf er den polnischen Präsidenten Andrzej Duda in Brüssel. Nach der Zusammenkunft sagte Tusk weiter, die Lage in seinem Heimatland stehe nicht auf der Agenda des nächsten EU-Gipfels im Februar. Er halte das auch für keine gute Idee.

Tusk: Bitte keine hysterischen Aussagen

Die EU-Kommission hatte vergangene Woche angekündigt, ein Verfahren zur Überprüfung der Rechtsstaatlichkeit einzuleiten, nachdem die im November gewählte polnische Regierung der Partei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) zwei umstrittene Gesetzesvorhaben in die Tat umgesetzt hatte. Mit diesen schränkte sie die Rechte des Verfassungsgerichts sowie öffentlich-rechtlicher Medien ein.

Zuvor war es zu Verstimmungen zwischen einigen europäischen Politikern und der polnischen Regierung gekommen. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) etwa hatte in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung von einer "Putinisierung" Polens gesprochen. Auch von anderen deutschen und europäischen Politikern kam Kritik, etwa von EU-Kommissar Guenther Oettinger und von Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU). Polen bat daraufhin den deutschen Botschafter in Warschau zum Gespräch.

Mit Blick auf die Verstimmungen mahnte EU-Ratspräsident Tusk am Dienstag zur Zurückhaltung. Manche Aussagen von Politikern innerhalb und außerhalb Polens seien hysterisch gewesen.

Polens Präsident Duda: Zurück zu den Fakten

Duda forderte, Ruhe in die Debatte zu bringen und zu einem vernünftigen Dialog auf der Basis von Fakten zurückzukehren. Gleichzeitig nutzte er das Treffen mit Tusk für kritische Töne in Richtung Deutschland. Die geplante Gaspipeline Nord Stream 2 von Russland nach Deutschland sei unsolidarisch, sagte er. "Es ist eine Investition politischer Natur." Seit Längerem kritisieren polnische Politiker das Projekt, von dem Russland wirtschaftlich profitieren würde.

Tusk und Duda stammen aus zwei völlig unterschiedlichen politischen Lagern. Der polnische Präsident war Mitglied der nationalkonservativen Partei PiS. Auch nach seinem symbolischen Austritt wegen der Staatspräsidentschafts-Kandidatur im Mai 2015 steht er der Partei politisch sehr nah. Tusk hingegen gehört der liberal-konservativen Bürgerplattform an, die vor der PiS die Regierung stellte. Einem Spiegel-Bericht zufolge hatte Tusk in der vergangenen Woche vor der Delegation der Grünen im EU-Parlament gesagt, für die meisten in der neuen polnischen Regierung sei er der Staatsfeind Nummer eins.

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