Süddeutsche Zeitung

Kieler Koalition am Ende:Die Chemie stimmt nicht

Das Ende der großen Koalition in Kiel ist ein Beispiel für den oft unterschätzten menschlichen Faktor in der Politik.

Peter Fahrenholz

Das Ende der großen Koalition in Kiel ist ein Beispiel für den oft unterschätzten menschlichen Faktor in der Politik. Denn das Bündnis ist nicht an politischen Differenzen gescheitert, sondern an der gegenseitigen persönlichen Abneigung von Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) und SPD-Fraktionschef Ralf Stegner. Zwischen beiden hat von Anfang an die Chemie nicht gestimmt. Es half auch nichts, dass Stegner aus dem Kabinett ausschied und stattdessen den Fraktionsvorsitz übernahm. Wie in einer schlechten Ehe ließ sich die Zerrüttung nicht stoppen.

Beispiele dafür, wie persönliche Aversionen das politische Klima verpesten können, gibt es zuhauf: Bundeskanzler Helmut Schmidt war einst der idealistische Jimmy Carter als US-Präsident so zuwider, dass darunter auch die Zusammenarbeit litt.

Legendär ist auch die Männerfeindschaft zwischen Franz Josef Strauß und Helmut Kohl. Das Verhältnis zwischen FDP und Grünen wäre vielleicht schon längst entspannter, wenn sich Guido Westerwelle und Joschka Fischer besser hätten leiden können.

Ein guter persönlicher Draht kann ein entscheidender politischer Faktor sein. Wer weiß, ob die deutsche Einheit je zustande gekommen wäre, wenn sich Kohl und Michail Gorbatschow nicht hätten ausstehen können.

Wie bei jedem Beziehungsstreit ist auch in Schleswig-Holstein die Schuldfrage nicht eindeutig zu beantworten. Carstensen ist als Regierungschef sicherlich überfordert, doch Stegner hat den Konflikt systematisch geschürt. Der Preis für diese Eskalationsstrategie könnte hoch sein: Die SPD muss nun damit rechnen, in einem weiteren Bundesland in der Opposition zu landen.

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