Süddeutsche Zeitung

Kanzler-Jubiläum:Wie die CDU Helmut Kohl feiert

Lesezeit: 2 min

30 Jahre ist es her, dass Helmut Kohl Kanzler wurde. An diesem Dienstag wird er deshalb zum ersten Mal seit zehn Jahren an einer Fraktionssitzung teilnehmen. Doch das ist noch lange nicht alles. Die CDU sonnt sich im historischen Glanz des Altkanzlers.

Robert Roßmann, Berlin

Es lässt sich ja nicht oft sagen, dass Berliner Feierlichkeiten etwas mit der echten Welt draußen im Land zu tun haben. Diese Feiertage werden den Deutschen aber in Erinnerung bleiben - mindestens fünf Millionen Mal. Die CDU zelebriert diese Woche Hochämter auf ihre Vergangenheit. Binnen weniger Tage werden gleich zwei Granden ins Rampenlicht gestellt: Helmut Kohl und Wolfgang Schäuble.

30 Jahre ist es her, dass Kohl Kanzler wurde. Deshalb wird er jetzt noch einmal auf den Schild gehoben. An diesem Dienstag ehrt ihn die Unionsfraktion. Kohl wird dafür zum ersten Mal seit seinem Ausscheiden aus dem Bundestag vor zehn Jahren an einer Fraktionssitzung teilnehmen.

Am Donnerstag lädt die Adenauer-Stiftung dann zu einer Festveranstaltung ins Deutsche Historische Museum. Der Ort wird dem von seiner geschichtsträchtigen Rolle überzeugten Kohl genauso gefallen wie der Titel: "Kanzler der Einheit - Ehrenbürger Europas". Festrednerin wird Angela Merkel sein. Für die Kanzlerin ist das im aufziehenden Wahlkampf eine schöne Gelegenheit, Nähe zum Vorvorgänger zu zeigen.

Vor der Bundestagswahl 2009 musste Merkel dafür noch nach Oggersheim pilgern. Das gemeinsame Bild auf der Terrasse des Altkanzlers ist legendär. Merkel sitzt da auf einem grün-weiß gestreiften Gartenstuhl, neben ihr Kohl im Rollstuhl. Bei Tomate mit Mozzarella und selbst gebackenem Streuselkuchen parlierten die beiden über den Weg zur Einheit. Das verkündete anschließend zumindest der Regierungssprecher, auf dass die Kunde von der neuen Harmonie zwischen Merkel und Kohl auch überall ankomme.

Kanzler zum Kleben

Auch diesmal wird Merkel nichts gegen gemeinsame Fotos mit dem Altmeister haben. Angesichts der Bedenken gegen die Euro-Rettungsschirme an der CDU-Basis kommt es der Kanzlerin gelegen, daran erinnern zu können, dass der Euro in der Zeit des Europa-Kanzlers Kohl auf den Weg gebracht wurde. Vergangenes Jahr hatte Kohl ihrer Regierung noch vorgeworfen, in der Europapolitik keinen Kompass zu haben. Es wurde sogar kolportiert, der Altkanzler habe über seine Nachfolgerin gesagt: "Die macht mir mein Europa kaputt."

Derlei dürfte nach dem gemeinsamen Auftritt am Donnerstag wohl passé sein. Auch weil die Regierung dem Altkanzler eine seltene Ehrung zuteilwerden lässt: Im Historischen Museum wird Merkel ihrem Vorgänger die erste Kohl-Briefmarke überreichen. Bisher wurden - abgesehen von Bundespräsidenten - nur Papst Benedikt XVI. und Jean Monnet, der andere Ehrenbürger Europas, zu Lebzeiten auf diese Weise geehrt. Fünf Millionen Mal wird die Marke mit dem Standardwert 55Cent gedruckt. Kohl dürfte auf Monate im ganzen Land präsent sein.

Zwischen den beiden Kohl-Festtagen lädt die Unionsfraktion am Mittwoch zum großen Geburtstagsempfang für Wolfgang Schäuble. Der Finanzminister ist am 18. September 70 geworden. Kohl boykottiert die Feier, die beiden Herren werden in diesem Leben wohl keine Freunde mehr. Für den 70.Geburtstag Kohls im Jahr 2000 hatte die Union übrigens ebenfalls einen großen Empfang geplant. Die Einladungen waren schon verschickt. Doch dann musste die Partei ihn absagen: wegen der Spendenaffäre.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1477951
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 25.09.2012
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.