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Italien:Rettungsschiff darf anlegen, die Flüchtlinge müssen an Bord bleiben

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Nach mehreren Tagen auf dem Mittelmeer ist ein Schiff der italienischen Küstenwache mit 177 Migranten an Bord im sizilianischen Catania eingelaufen. Allerdings dürfen die Geretteten das Schiff zunächst nicht verlassen, wie die Nachrichtenagentur Ansa berichtete.

Verkehrsminister Danilo Toninelli von der Fünf-Sterne-Bewegung hatte dem Schiff am Montag zunächst die Erlaubnis für die Einfahrt in den Hafen gegeben. Innenminister Matteo Salvini von der rechten Lega will die Menschen allerdings nicht an Land gehen lassen, solange es keine "Antworten von Europa" gebe, verlautete aus Kreisen des Ministeriums. Das Vorgehen wurde dadurch erklärt, dass das Verkehrsministerium für die Zuweisung eines Hafens zuständig sei, während "alles, was danach passiert" in der Kompetenz des Innenministeriums liege.

Italien hatte die EU-Kommission am Sonntag dazu aufgefordert, andere Mitgliedsstaaten auszumachen, die die Geretteten aufnehmen. Die Kommission ist einer Sprecherin zufolge daraufhin mit den EU-Staaten in Kontakt getreten. Seit Amtsantritt der neuen populistischen Regierung in Rom im Juni werden immer wieder Schiffe mit geretteten Migranten tagelang auf dem Mittelmeer blockiert. Neben Italien weigert sich auch Malta, seine Häfen für diese zu öffnen. Die beiden Länder handelten in den vergangenen Wochen mehrmals ad hoc mit anderen EU-Staaten die Verteilung der Menschen aus. Auch Deutschland beteiligte sich daran.

Die Diciotti hatte am Donnerstag 190 Migranten von einem Boot in der Such- und Rettungszone Maltas aufgenommen. Die Italiener brachten 13 Menschen, die dringende medizinische Hilfe benötigten, auf die italienische Mittelmeerinsel Lampedusa. Die Diciotti sollte die übrigen Migranten nach Malta bringen. Dafür wurde ihr aber von Malta die Erlaubnis verweigert.

Diskussionen um Schiffe "Aquarius" und "Lifeline"

Im Juni hatte es einen tagelangen Streit um das Rettungsschiff Aquarius gegeben. Nachdem sich Italien und Malta eine Woche lang weigerten, das Schiff anlegen zu lassen, gewährte schließlich Spanien dem Schiff mit bis zu 629 Flüchtlingen an Bord die Einfahrerlaubnis in den Hafen von Valencia.

Ähnlich lief es einige Wochen später bei dem Flüchtlingsschiff Lifeline der deutschen NGO "Mission Lifeline", welches tagelang auf dem Mittelmeer ausharren musste, bevor die maltesische Regierung die Erlaubnis erteilte, in den Hafen von Valletta einzufahren. Gegen den deutschen Kapitän Claus-Peter Reisch wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Hilfsorganisationen kritisieren diese Vorgehensweise. So müssten die oft traumatisierten und geschwächten Menschen lange auf Schiffen auf dem Meer ausharren. Sie befürchten zudem, dass die Bereitschaft der Schiffskapitäne sinkt, Menschen von seeuntüchtigen Booten aufzunehmen, wenn es zunehment unsicher wird, ob der Hafen überhaupt offen ist.

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