Süddeutsche Zeitung

Rüstungsexport:Deutschland liefert Saudi-Arabien "Iris-T"-Lenkflugkörper

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Die Genehmigung dafür hat die Bundesregierung bereits erteilt. Die Entscheidung ist ein Zugeständnis an die Regierung in Riad - und eine Abkehr von der strikten Linie, was Waffenlieferungen in Krisengebiete anbelangt.

Von Michael Bauchmüller und Oliver Klasen, München/Riad

Dass die Bundesregierung ihre harte Linie bei Rüstungsexporten nach Saudi-Arabien offenbar aufweichen will, ist bereits in den vergangenen Tagen deutlich geworden. Außenministerin Annalena Baerbock betonte, dass sie die geplante Lieferung von 48 Eurofighter-Kampfjets aus Großbritannien nach Saudi-Arabien nicht länger zu blockieren gedenkt.

Eigentlich widerspricht das der bisherigen Haltung der Bundesregierung; das Gebot, keine Rüstungsgüter in Kriegsgebiete zu liefern, steht sogar im Koalitionsvertrag. Dort wird explizit Bezug genommen auf Saudi-Arabien, das in den Bürgerkrieg in Jemen verwickelt ist. Die Begründung für Baerbocks Kehrtwende: Saudi-Arabien habe sich gewandelt und erfülle inzwischen eine wichtige Funktion bei der Unterstützung Israels nach dem Angriff der Hamas.

Nun wird deutlich, dass die Eurofighter-Wende offenbar nicht das einzige Zugeständnis an die Regierung in Riad ist. Wie der Spiegel berichtet, will Deutschland Saudi-Arabien 150 Iris-T-Luft-Luft-Lenkflugkörper liefern. Regierungssprecher Steffen Hebestreit hat die Richtigkeit der Informationen bestätigt.

Habeck betont die Rolle Saudi-Arabiens als Stabilitätsanker

Der Bundessicherheitsrat - ein Kabinettsausschuss, der auch für Rüstungsexporte zuständig ist - habe die Genehmigung dafür bereits Ende des vergangenen Jahres erteilt, schreibt das Magazin. Das gehe aus einer Mitteilung hervor, die das Ministerium von Robert Habeck (Grüne) an den Wirtschaftsausschuss des Bundestages verschickt habe.

Habeck, dessen Haus auch für die Rüstungskontrolle zuständig ist, hält sich derzeit in Saudi-Arabien auf, zu Gesprächen über die Wirtschaft und den Frieden in der Region. Die Entscheidung des Bundessicherheitsrates wollte er nicht kommentieren. "Aber wir schauen bei allen Entscheidungen auf zwei Dinge: erstens, ob andere Partner, etwa die Ukraine, nicht einen notwendigeren Bedarf haben, und zweitens, ob diese Waffen in einer komplizierter gewordenen Welt zum Schutz, zur Deeskalation beziehungsweise zur Stabilität beitragen können", sagte der Minister.

Von Saudi-Arabien sprach er nicht - aber seit Tagen betont er die Rolle des Königreichs als Stabilitätsanker in der Region, auch mit Blick auf den Gazakrieg. Bisher rechtfertigte er damit, so wie Baerbock auch, aber vor allem, dass die Bundesregierung den Weg für eine potenzielle Lieferung des Eurofighter an Saudi-Arabien freigemacht hatte. Habeck, der an diesem Mittwoch noch nach Israel weiterreist, war unter anderem mit dem saudischen Außenminister Prinz Faisal bin Farhan al-Saud zusammengetroffen. Auch das heikle Thema der Menschenrechte sei dabei zur Sprache gekommen, sagte Habeck.

Den Exportstopp für Rüstungsgüter nach Saudi-Arabien hatte die damals regierende große Koalition Ende 2018 verhängt. Grund dafür war neben der Beteiligung Saudi-Arabiens am Jemenkrieg auch der von der Regierung in Riad in Auftrag gegebene Mord an dem Journalisten Jamal Khashoggi.

Der Bundessicherheitsrat hat vor Weihnachten nicht nur die Raketen für Saudi-Arabien genehmigt, sondern auch eine Reihe weiterer Rüstungsexporte, etwa ein U-Boot für Israel, drei Minenjagdboote für Pakistan und schultergestützte Panzerabwehrwaffen für Georgien.

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