Süddeutsche Zeitung

Initiativen gegen rechts:Klagen über Extremismusklausel

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Wer sich gegen Extremismus engagiert, wird nur noch staatlich gefördert, wenn er ein Verfassungsbekenntnis ablegt. Der Zentralrat der Juden und Muslime sind empört.

D. Brössler

Die Bundesregierung gefährdet nach Einschätzung der Zentralräte von Juden und Muslimen in Deutschland den Kampf gegen den Rechtsextremismus. Mit einer neuen "Extremismusklausel" offenbare sie ein "merkwürdiges Staatsverständnis" und versuche, Initiativen gegen Rechtsextremismus "auf eine bestimmte politische Richtung festzulegen", sagte der Generalsekretär des Zentralrates der Juden, Stephan Kramer, am Mittwoch in Berlin. Der geforderte "Bekenntniszwang" sei nicht hinzunehmen, erklärte auch der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek.

Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) verlangt von diesem Jahr an von Initiativen, die sich gegen Extremismus engagieren und dafür Geld aus den Programmen ihres Ministeriums in Anspruch nehmen, ein Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung sowie eine Garantie für die Verfassungstreue von allen Partnern, mit denen sie zusammenarbeiten. Die Bestimmung richtet sich gegen linke Gruppen oder solche, die unter Islamismus-Verdacht stehen.

"Leute, die sich engagieren, werden unter Generalverdacht gestellt", sagte Mazyek. "Wir sollten stolz auf diese Initiativen sein und sie nicht weiter bekämpfen", forderte Kramer. Er kündigte an, der Zentralrat werde sich möglicherweise auch juristisch gegen die Klausel wenden, sollte sie nicht freiwillig zurückgenommen werden.

Der Innenminister des Landes Sachsen-Anhalt, Holger Hövelmann (SPD), wandte sich ebenfalls gegen die Klausel. "Es wird ein Misstrauen im Land gesät. Das ist eine fatale Botschaft", sagte er. Über Jahre hinweg habe man in Sachsen-Anhalt Menschen ermuntert, sich gegen Rechtsextremismus zu engagieren. Das werde nun gefährdet.

Zudem wecke das Verfahren insbesondere bei früheren DDR-Bürgern ungute Erinnerungen. Es zwinge nämlich dazu, "Dossiers über andere Menschen anzufertigen". Die Sensibilität sei hier offenbar in Sachsen-Anhalt und anderen ostdeutschen Ländern stärker ausgeprägt als im Westen.

Zahlreiche Vereine haben bereits beim Familienministerium gegen die "Extremismusklausel" protestiert und ihre Rücknahme gefordert.

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Quelle:
SZ vom 10.02.2011
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