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Trotz Corona-Beschränkungen:Neue Demonstrationen in Hongkong - Polizei setzt Tränengas ein

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"Der Himmel wird die Kommunistische Partei Chinas zerstören": In Hongkong portestieren Hunderte gegen eine mögliche Ausweitung der Machtbefugnisse der chinesischen Regierung.

Chinas Pläne zum Erlass eigener Sicherheitsgesetze für Hongkong haben in der chinesischen Sonderverwaltungsregion neue Proteste ausgelöst. Trotz Corona-Beschränkungen versammelten sich Hunderte Menschen am Sonntag im Einkaufsviertel Causeway Bay.

Die Polizei setzte Tränengas und Pfefferspray ein, um den Protest aufzulösen. Lokalen Medienberichten zufolge kam es am Sonntag auch zu Festnahmen. Die Polizei hatte im Vorfeld gewarnt, dass Demonstrationen als illegale Versammlungen aufgelöst würden. Wegen der Corona-Pandemie gelten in der dicht bevölkerten asiatischen Wirtschafts- und Finanzmetropole Abstandsregeln, die Gruppen von höchstens acht Menschen erlauben.

Einige Demonstranten hielten Spruchbänder hoch, auf denen unter anderem "Der Himmel wird die Kommunistische Partei Chinas zerstören" stand. Auch wurden Rufe nach Unabhängigkeit laut. Die Demonstranten befürchten, dass die Gesetzespläne das Ende des Prinzips "Ein Land - zwei Systeme" einleiten könnten, nach der die ehemalige britische Kronkolonie seit der Rückgabe an China 1997 mit mehr Freiheiten autonom regiert wird. Seit vergangenem Sommer erlebt die Metropole schon Woche für Woche Demonstrationen, die sich gegen die eigene Regierung, als brutal empfundene Einsätze der Polizei und den wachsenden Einfluss Pekings richten.

"Jetzt ist der Anfang vom Ende, und die Zeit in Hongkong wird wirklich knapp", sagte der Vertreter der Demokratie-Bewegung, Joshua Wong. Deswegen müssten auch inmitten der Coronavirus-Epidemie die Kräfte gebündelt werden, um dagegen zu protestieren.

Die Hintergründe der neuen Proteste zu Corona-Zeiten

Die neuen Demonstrationen entzündeten sich an den Plänen der chinesischen Führung, eigene Gesetze zum Schutz der nationalen Sicherheit in Hongkong zu erlassen. Der seit Freitag tagende chinesische Volkskongress soll zum Abschluss seiner Plenarsitzung am Donnerstag einen Beschluss verabschieden, der dem Ständigen Ausschuss des Parlaments einen Auftrag zum Erlass eines solchen Gesetzes gibt, das dem Hongkong Grundgesetz angehängt werden soll. Damit würde der Volkskongress das Hongkonger Parlament umgehen.

Das Gesetz zielt auf Aktivitäten, die als subversiv betrachtet werden oder auf Unabhängigkeit zielen könnten. Es wendet sich auch gegen ausländische Einmischung. "Wenn nötig" sollen demnach auch chinesische Sicherheitsorgane in Hongkong stationiert und eingesetzt werden. Bislang kann die chinesische Führung nicht mit eigenen Polizisten in Hongkong aktiv werden. Das Vorhaben stieß in Hongkong und international auf heftige Kritik. Es wird als massiver Eingriff in die Autonomie der ehemaligen britischen Kronkolonie gewertet.

Der chinesische Außenminister Wang Yi hat die Kritik an Chinas Umgang mit Hongkong als "Einmischung in innere Angelegenheiten" zurückgewiesen. Auf einer Pressekonferenz am Rande des Volkskongresses in Peking sagte er am Sonntag, das Gesetzesvorhaben müsse "ohne die geringste Verzögerung" vorangetrieben werden. Die Zentralregierung habe die Verantwortung für die nationale Sicherheit Chinas. Dass dem Hongkonger Parlament erlaubt werde, selbst Gesetze zu erlassen, schließe nicht aus, dass auch die Zentralregierung ihrerseits das Rechtssystem in Hongkong verbessere.

Yi wies Befürchtungen zurück, dass der Eingriff aus Peking den Status Hongkongs schädigen könnte. Er werde "keinen Einfluss" auf den hohen Grad der Autonomie, die Freiheiten der sieben Millionen Hongkonger und die Interessen der Investoren haben, beteuerte der Minister. Das Gesetz werde vielmehr Stabilität und Rechtsstaatlichkeit sowie bessere Geschäftsmöglichkeiten bringen.

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