Süddeutsche Zeitung

Helge Braun:Ein Notarzt für die CDU

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Wie sich der Kanzleramtsminister in einem Brief an die Parteimitglieder für den Vorsitz empfiehlt.

Von Robert Roßmann, Berlin

Der geschäftsführende Kanzleramtsminister Helge Braun hat am Freitagabend in einem Brief an alle CDU-Mitglieder begründet, warum er der nächste Parteivorsitzende werden will. "Uns alle bedrückt das historisch schlechte Ergebnis bei der Bundestagswahl. Und uns ärgert die Art und Weise, wie wir verloren haben", schreibt Braun. Die Liste der "Versäumnisse und Streitigkeiten" sei lang. So könne und dürfe die CDU nicht weitermachen.

Um zu neuer Stärke zu kommen, sei ein grundlegender Neuanfang nötig. Als "Notarzt und Arzt im Bereich von Narkose, Notfall- und Intensivmedizin" habe er beruflich gelernt, mit Krisensituationen professionell umzugehen. "Menschliches Miteinander" sei ihm wichtig. Und er "arbeite gerne im Team". Deshalb möchte er als "kooperativer Vorsitzender" in der Führung auch anderen "profilierten Persönlichkeiten" Raum geben. Braun kann sich also auch vorstellen, mit parteiinternen Konkurrenten wie Friedrich Merz zusammenzuarbeiten.

Die Partei habe "nicht klar genug Position bezogen"

In der CDU sei "in den letzten Jahren zu wenig diskutiert und nicht klar genug Position bezogen" worden, gesteht der Kanzleramtsminister ein. Er "spüre eine große Sehnsucht, dass wir klarer definieren, was die Vorstellungen und Konzepte der CDU Deutschlands sind". Die Zeit in der Opposition werde man deshalb intensiv nutzen müssen, um das inhaltliche Profil der CDU zu schärfen.

Braun vermeidet allerdings Festlegungen bei den strittigen Themen. Er schreibt lediglich: "Dort, wo es in der CDU besonders divergierende Positionen gibt, müssen wir diese im Interesse einer Profilstärkung klären. Solche Themen gibt es zum Beispiel zwischen Urheberrechts- und Digitalpolitik oder zwischen Ökologie und Ökonomie."

An der Seite von Angela Merkel "durfte ich viel lernen", heißt es in Brauns Brief. "Wir haben Krisen bewältigt und Deutschland gut regiert - und sind dabei immer geschlossen aufgetreten." Aus dieser Zeit bringe er "sehr viel Wissen in allen Politikfeldern mit", das er in den "inhaltlichen Erneuerungsprozess einbringen" wolle. Der Kanzleramtsminister weist aber auch darauf hin, Erfahrungen an der Parteibasis zu haben. So sei er seit 18 Jahren Kreis- und seit 14 Jahren Bezirksvorsitzender der CDU, Parteiarbeit mache ihm "Freude".

Neben Braun haben auch der Außenpolitiker Norbert Röttgen und Ex-Unionsfraktionschef Friedrich Merz Interesse am CDU-Vorsitz. Röttgen hat am Freitag die Hamburger Bundestagsabgeordnete Franziska Hoppermann als seine Kandidatin für das Amt der Generalsekretärin vorgestellt. Braun präsentierte dagegen noch keine Teammitglieder.

Ralph Brinkhaus soll Fraktionschef bleiben

Der Kanzleramtsminister macht aber bereits mehrere Vorschläge, wie ein neuer Parteichef und seine Generalsekretärin die CDU-Zentrale verändern sollten: Mitglieder sollten stärker eingebunden, die Kampagnenfähigkeit erhöht und der Service durch das Konrad-Adenauer-Haus verbessert werden. Außerdem solle am Abend nach jeder Bundesvorstandssitzung eines der führenden Vorstandsmitglieder in einer mitgliederoffenen digitalen Konferenz das Sitzungsergebnis erläutern und zur Diskussion stellen.

Braun will - wie Röttgen - lediglich für den Parteivorsitz kandidieren. Ralph Brinkhaus soll seiner Ansicht nach Fraktionsvorsitzender bleiben. Der Wahlparteitag findet im Januar statt. Die Mitgliederbefragung über den CDU-Vorsitz wird aber bereits Anfang Dezember beginnen. Auszählung und Ergebnisverkündung sind für den 17. Dezember geplant. Wenn keiner der Kandidaten eine absolute Mehrheit erreicht, gibt es eine Stichwahl.

Den Brief des Kanzleramtsministers dürften viele Parteimitglieder erst in einigen Tagen erhalten. Braun hat ihn an alle Kreisvorsitzenden und Kreisgeschäftsstellen der CDU mailen lassen - mit der Bitte, den Brief den örtlichen Mitgliedern zugänglich zu machen.

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