Süddeutsche Zeitung

Hans-Georg Maaßen:Verfassungsschutz beobachtet Ex-Chef

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Der frühere Präsident des Inlandsgeheimdienstes fällt vermehrt durch rechtsradikale Thesen auf. Jetzt speichert das Bundesamt für Verfassungsschutz Maaßen in einer Extremisten-Kartei.

Von Christoph Koopmann, Berlin

Sechs Jahre lang hat er an der Spitze des deutschen Inlandsnachrichtendienstes gestanden, sein Auftrag: Verfassungsfeinde ausfindig machen und ins Visier nehmen. Jetzt gilt Hans-Georg Maaßen seiner ehemaligen Behörde selbst als solcher. Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hat seinen ehemaligen Präsidenten in seiner Extremisten-Kartei gespeichert. Das geht aus einem Bescheid der Behörde hervor, den Maaßen am Mittwoch auf seiner Website veröffentlichte. Zunächst hatten T-Online und das ARD-Magazin "Kontraste" berichtet.

Das BfV teilte der Süddeutschen Zeitung mit, man äußere sich zum Schutz von Persönlichkeitsrechten nicht zu Einzelpersonen. Maaßen warf unterdessen Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) auf der Plattform X einen "Missbrauch des Verfassungsschutzes zur Bekämpfung politischer Gegner" vor und einen "Angriff auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung".

Kontakte ins "Reichsbürger"-Milieu und andere Vorwürfe

Die Anzeichen dafür, dass Maaßen zum Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes werden könnte, hatten sich in den vergangenen Monaten verdichtet. Im August 2023 war bereits bekannt geworden, dass das BfV sich bei der Staatsschutzabteilung des Bundeskriminalamts nach Erkenntnissen zu Maaßen erkundigt haben soll. Hintergrund waren Kontakte zwischen Maaßen und dem Frankfurter Geschäftsmann Markus Krall - der wiederum ein recht vertrautes Verhältnis zu Heinrich XIII. Prinz Reuß, dem mutmaßlichen Rädelsführer einer "Reichsbürger"-Verschwörertruppe, gepflegt haben soll. Krall stand am vergangenen Wochenende wieder neben Maaßen - in einem Video, das dieser zur Feier der Gründung seiner eigenen Partei aufnahm, der Werteunion.

Es sind zunächst diese und andere Kontakte ins "Reichsbürger"-Milieu, die der Inlandsgeheimdienst in seinem Schreiben an Maaßens Anwalt als Erkenntnisse aufführt. Auf den insgesamt 20 Seiten des Bescheids folgen noch viele weitere Informationen, die das BfV über seinen ehemaligen Präsidenten gesammelt hat - Social-Media-Postings, Artikel, Redebeiträge, Treffen, die das Bundesamt als Belege für Maaßens Verstrickungen in rechtsextreme und verschwörungsideologische Kreise betrachtet.

Maaßen will Deutschland "wieder nach vorne bringen"

Nach den Berichten über den Austausch zwischen Verfassungsschutz und BKA zu Maaßen im vergangenen August hatte der Ex-Behördenchef selbst beim BfV um Auskunft ersucht. Das Antwortschreiben ist datiert auf den 16. Januar, den Berichten von T-Online und "Kontraste" zufolge informierte der Verfassungsschutz noch in derselben Woche die Abgeordneten im Geheimdienst-Kontrollausschuss des Bundestags über den Vorgang. Maaßen hat noch bis Mitte Februar Zeit, Widerspruch gegen den Bescheid einzulegen.

Wegen seines fortgesetzten Rechtsrutsches hatte die CDU in den vergangenen Monaten einige Mühe darauf verwendet, ihr Mitglied Maaßen aus der Partei zu werfen. Vor einer Woche postete er schließlich selbst sein Austrittsschreiben auf X, jetzt will er mit der ebenfalls stark rechtslastigen Werteunion, einer früher CDU/CSU nahestehenden Gruppierung, zu Wahlen antreten.

Am vergangenen Wochenende stellte sie auf ihrer Bundesversammlung die Weichen dazu. Es solle eine Partei werden, kündigte Maaßen an, "die sich gegen jede Form vom Neosozialismus und Totalitarismus und Brandmauern stellt und das Land wieder nach vorne bringen wird". Damit dürfte er auch auf eine mögliche Zusammenarbeit mit der in Teilen bereits als rechtsextremistisch eingestuften AfD angespielt haben.

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