Süddeutsche Zeitung

Grüne:Staunen und Ärgern

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Cem Özdemirs späte Meldung von Einkünften an den Bundestag irritiert seine Partei. Kurz vor dem Ex-Vorsitzenden hatte schon Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock "ein blödes Versäumnis" einräumen müssen.

Von Stefan Braun, Berlin

Die beiden, so sagte es Parteichef Robert Habeck am Donnerstagabend, würden sich selbst am meisten ärgern. Das, so lässt sich das zusammenfassen, entspricht schon sehr der Wahrheit. Wobei man hinzufügen muss, dass es bei den Grünen noch manche mehr gibt, die mittlerweile zwischen Staunen und Ärgern hin- und herschwanken.

Nachdem zunächst Habecks Co-Vorsitzende Annalena Baerbock, seit einem Monat Kanzlerkandidatin der Grünen, Sonderzahlungen der Partei an sie nachgemeldet hat, musste nun auch Cem Özdemir einräumen, dass er diese Sonderzahlungen, die er zwischen 2014 und 2017 von der Partei erhalten hatte, der Bundestagsverwaltung nicht gemeldet hatte. Finanziell ergibt sich daraus kein Vorteil. Trotzdem sind die Angaben verpflichtend, weil bei allen Abgeordneten klar sein soll, ob und wenn ja aus welcher Quelle sie zusätzlich zu den Diäten Geld erhalten.

Laut eigenen Angaben erhielt Özdemir in den Jahren 2014 bis 2017 Sonderzahlungen in Höhe von insgesamt 20 580,11 Euro. Wie es heißt, sei seinen Mitarbeitern aufgefallen, dass die Meldung an die Verwaltung des Bundestags versehentlich noch nicht erfolgt sei. Sein Büro teilte weiter mit, er sei dazu nicht von der Parlamentsverwaltung aufgefordert worden. Allerdings ist der zeitliche Zusammenhang zu den Berichten über Baerbocks Fehler unverkennbar. Deshalb kann es als wahrscheinlich gelten, dass Özdemir durch die Berichterstattung über Baerbock der eigene Fehler bewusst wurde.

Özdemir ließ zugleich versichern, dass er die Sonderzahlungen "selbstverständlich ordnungsgemäß versteuert" habe. "Darüber hinaus hat es keine weiteren Sonderzahlungen durch die Partei gegeben." Der heutige 55-jährige Özdemir war von 2008 bis 2018 Parteichef der Grünen. Meldepflichtig wurden die Sonderzahlungen, als er 2013 in den Bundestag zurückkehrte.

Baerbock nannte den Vorgang am Freitag "ein blödes Versäumnis". Dem Handelsblatt sagte sie: "Ich habe mich darüber selbst wahrscheinlich am meisten geärgert." Die Plattform Abgeordnetenwatch kritisierte, dass Abgeordnete bisher keine spürbaren Strafen zu befürchten hätten. Wolfgang Jäckle von Transparency Deutschland forderte, dass eine unabhängige Kontrollinstanz die Einhaltung der Verhaltensregeln des Bundestags überwachen sollte.

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