Süddeutsche Zeitung

Festgesetzter Tanker:Großbritannien droht Iran mit "ernsten Konsequenzen"

Lesezeit: 3 min

Nach neuen Zwischenfällen in der Straße von Hormus spitzt sich die Krise zwischen der Regionalmacht Iran und dem US-Verbündeten Großbritannien zu. Der Iran beschlagnahmte am Freitag innerhalb kurzer Zeit zwei britische Tanker - einer davon konnte seine Fahrt später wieder fortsetzen. Der britische Außenminister Jeremy Hunt drohte der Führung in Teheran mit "ernsten Konsequenzen", sollte sie nicht auch den anderen Tanker bald freigeben. In einem Interview des Senders SkyNews sagte er aber auch, militärische Optionen würden nicht erwogen. "Wir halten nach einem diplomatischen Weg Ausschau, um diese Situation zu lösen."

Hunt erklärte vor einer Sitzung des Nationalen Sicherheitsrats (Cobra) in London, er habe mit US-Außenminister Mike Pompeo über die Situation gesprochen. Versuche, mit dem iranischen Außenminister Mohammed Dschawad Sarif zu telefonieren, seien zunächst nicht erfolgreich gewesen, da er sich auf einer Flugreise befand. Nach der Cobra-Sitzung teilte ein Regierungssprecher dann mit, dass allen britischen Schiffen dazu geraten werde, die Straße von Hormus und umliegende Gewässer bis auf Weiteres zu meiden. Die betroffene Meerenge im Golf von Oman ist eine der wichtigsten Seestraßen der Welt. Fast ein Drittel des globalen Ölexports wird durch die Meerenge verschifft.

Die Iranischen Revolutionsgarden hatten zuvor mitgeteilt, den unter britischer Flagge fahrenden Öltanker Stena Impero in der Straße von Hormus gestoppt zu haben. Der Tanker habe internationale Vorschriften nicht beachtet, teilten die Revolutionsgarden mit. Der iranischen Nachrichtenagentur Fars zufolge ist der Tanker zuvor in einen Unfall mit einem iranischen Fischerboot verwickelt gewesen. Als das Fischerboot einen Notruf abgesetzt habe, habe der britische Tanker ihn ignoriert, sagte ein Vertreter der iranischen Hafen- und Seefahrtsbehörde laut der Agentur. Der Tanker sei zur weiteren Untersuchung in den Hafen der Stadt Bandar Abbas gebracht worden. Alle Besatzungsmitglieder sollten bis zum Ende der Untersuchung an Bord bleiben.

Nach Angaben seiner britischen Reederei habe der Tanker hingegen alle Navigationsregeln eingehalten. Dies gelte auch für alle internationalen Vorschriften. Es seien 23 Seeleute an Bord aus Indien, Russland, Lettland und den Philippinen, sagte Erik Hanell, der Chef der Reederei Stena Bulk. Bislang gebe es keine Berichte über Verletzungen. Die Sicherheit und das Wohlergehen der Besatzung bleibe das Hauptaugenmerk der Firma.

Kurz darauf wurde auch der unter liberianischer Flagge fahrende Tanker Mesdar des britischen Unternehmens Norbulk Shipping UK in Richtung Iran abgedrängt. Inzwischen sei das Schiff aber wieder freigegeben worden, teilte das Unternehmen in der Nacht mit.

Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin erklärte: "Die Bundesregierung verurteilt die Festsetzung von zwei Handelsschiffen im Golf auf das Schärfste. Dies ist ein nicht zu rechtfertigender Eingriff in die zivile Schifffahrt, der eine ohnehin angespannte Lage gefährlich weiter verschärft. Wir fordern den Iran nachdrücklich auf, auch das zweite Schiff und seine Besatzung unverzüglich freizugeben."

Saudi-Arabien erlaubt Stationierung von US-Truppen

Das US-Militär erklärte, es habe Aufklärungsflugzeuge im Einsatz, um die Lage in der Straße von Hormus zu beobachten. Die Flugzeuge operierten im internationalen Luftraum. Man stehe zudem in Kontakt mit US-Schiffen in der Gegend, um deren Sicherheit zu garantieren.

Stunden nachdem die Stana Impero aufgebracht wurde, genehmigte Saudi-Arabien die Stationierung von US-Soldaten in dem Königreich. König Salman habe der Truppen-Stationierung zugestimmt, um die Sicherheitskooperation mit den USA zu stärken, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur SPA. Es gehe um die Verteidigung der regionalen Sicherheit und Stabilität.

Der amtierende US-Verteidigungsminister Mark Esper genehmigte daraufhin die Verlegung von Truppen und Militärmaterial nach Saudi-Arabien. Der Schritt stelle eine "zusätzliche Abschreckung" im Angesicht glaubwürdiger neuer Bedrohungen dar, erklärte das US-Verteidigungsministerium.

Nach den Vorfällen kündigte US-Präsident Trump an, sich eng mit Großbritannien abstimmen zu wollen. Er betonte aber auch, dass die USA nicht viele Tanker hätten, die in dem Seegebiet unterwegs seien. Die Vereinigten Staaten treiben derzeit eine Initiative namens "Operation Sentinel" zum Schutz von Handelsschiffen in der Region voran. Dabei soll es vor allem darum gehen, die Straße von Hormus mit erhöhter Militärpräsenz in der Region besser zu überwachen.

Ursprünglich hatte sich der Konflikt um die Zukunft des Atomabkommens entsponnen. Nachdem die USA im Mai 2018 aus dem Atomabkommen ausgestiegen sind, setzt Iran zentrale Vorschriften nicht mehr um und begründet dies mit den Sanktionen, die Trump gegen das Land verhängt hat. Die Europäer wollen an der Vereinbarung festhalten. Verschärft hatte sich der Streit nochmals, nachdem Großbritannien den von Iran genutzten und offenbar mit Rohöl beladenen Supertanker Grace 1 vor Gibraltar gestoppt hatte, weil der Verdacht besteht, dass er EU-Sanktionen gegen Syrien unterlaufen sollte. Der Hinweis war von den USA gekommen. Iran verlangt von den Europäern, bei Ölexporten zu helfen. Die Revolutionsgarden hatten daraufhin gedroht, als Vergeltungsmaßnahme einen britischen Tanker aufzubringen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4532973
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/ap/dpa/bix/lalse
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.