Süddeutsche Zeitung

Energiekrise:Uniper soll verstaatlicht werden - Zweifel an Gasumlage

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Der Bund steht offenbar kurz vor der Übernahme des Gaskonzerns - und könnte ihm weitere acht Milliarden Euro zur Verfügung stellen. Die Frage ist nur, ob die Gasumlage dann noch rechtlich zulässig ist.

Von Michael Bauchmüller, Henrike Roßbach und Mike Szymanski, Berlin

Der angeschlagene Gasimporteur Uniper steht offenbar vor der Verstaatlichung. Am Dienstagabend gab das Unternehmen in einer Ad-Hoc-Mitteilung bekannt, dass es sich in abschließenden Gesprächen mit seinem Mutterkonzern Fortum und dem Bund befinde. Vorgesehen sei eine Kapitalerhöhung von acht Milliarden Euro, die ausschließlich durch den Bund gezeichnet werden soll. Der Bund wäre dann Mehrheitsaktionär bei Uniper. Auch mit dem Leipziger Gasunternehmen VNG laufen Gespräche über eine stärkere Stützung durch den Staat.

Die Verstaatlichung von Uniper brächte allerdings die bisherige Strategie von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ins Wanken, kriselnde Gasimporteure über die geplante Gasumlage zu stabilisieren. Nach SZ-Informationen hegte Habeck bereits vorab Zweifel, ob die Umlage im Fall einer Übernahme von Uniper weiterhin zulässig wäre. Hintergrund ist eine Doppelrolle des Staates: Einerseits stellt er über die Umlage milliardenschwere Transfers sicher, mit denen die Gasimporteure beim Kauf teurer Erdgaslieferungen unterstützt werden. Andererseits flösse dieses Geld der Gaskunden dann an ein Unternehmen, das sich mehrheitlich in Staatsbesitz befindet.

Bisher haben Gasimporteure - allen voran Uniper und die einstweilen verstaatlichte Gazprom Germania - Forderungen von 34 Milliarden Euro aus der Gasumlage angemeldet. Ende nächster Woche tritt sie in Kraft. Auf deutsche Gaskunden kommt dann ein Aufschlag von 2,419 Cent je Kilowattstunde zu; je nach Verbrauch summiert sich das für Familien auf mehrere Hundert Euro im Jahr. Mit dem Geld sollen die Gasimporteure Ersatzeinkäufe für ausgefallene russische Lieferungen bezahlen. Weil die Gaspreise enorm gestiegen sind, müssen Gaseinkäufer deutlich mehr zahlen, um ihre Verträge mit Stadtwerken und Industriebetrieben zu bedienen. Scheitert die Gasumlage nun an rechtlichen Bedenken, stünde die Bundesregierung zunächst wieder bei null.

Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken rückt bereits von der Gasumlage ab

Das Wirtschaftsministerium sieht die Umlage dem Vernehmen nach nur noch als "Brücke", bis eine andere Art der Finanzierung gefunden ist. Das aber ruft das Finanzministerium auf den Plan. Denn während die Umlage den Staatshaushalt nicht belastet, wäre bei fast allen anderen Formen der Finanzierung auch der Staat direkt gefragt.

Habecks Zweifel fußen dem Vernehmen nach auf dem externen Gutachten einer Anwaltskanzlei. Nach Informationen der SZ lag die finale rechtliche Prüfung beim Finanzministerium. Dort aber hieß es am Dienstag: "Es bestehen keine Rechtsbedenken. Wirtschaftsminister Habeck kann wie geplant die von ihm vorgeschlagene Gasumlage einführen." Die befassten Ressorts inklusive Kanzleramt hätten das bereits in der vergangenen Woche bestätigt.

Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken rückt dennoch bereits von der Umlage ab. Gegenüber der SZ verwies sie auf die Übernahme von Uniper durch den Bund und weitere Interventionen des Staates an den Energiemärkten. "Es ist gut, wenn wir das umstrittene Instrument der Gasumlage dafür gar nicht brauchen."

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