Süddeutsche Zeitung

Frankreichs Verteidigungsminister:"Diese Welt ist gefährlich und unsicher"

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Neues Denken in Zeiten hoher Staatsschulden: Frankreichs Verteidigungsminister Juppé wirbt im SZ-Interview für mehr Militärkooperation in Europa.

Der neue französische Verteidigungsminister und Vizepremier Alain Juppé hat die EU-Staaten davor gewarnt, wegen der Wirtschaftskrise die Verteidigung Europas zu vernachlässigen. "Diese Welt ist gefährlich und unsicher. Die Bedrohungen sind allgegenwärtig", sagte Juppé in einem Interview der Süddeutschen Zeitung.

Nur gemeinsam könnten die EU-Staaten Gefahren wie dem Terrorismus und der Cyberkriminalität begegnen. Auch die hohen Staatsschulden machten es notwendig, bei Militär und Rüstung stärker zu kooperieren. Die Verteidigungspolitik sei ein "unerlässlicher Pfeiler" der europäischen Einigung. Der Westen sei nicht mehr das Zentrum der Welt. Wenn Europa gehört werden wolle, müsse es mit einer Stimme sprechen. Juppé sagte, er empfinde "immense Befriedigung" darüber, dass nun erstmals seit dem zweiten Weltkrieg wieder deutsche Truppen fest in Frankreich stationiert werden. Dies zeige, dass Europa zusammenwachse.

Juppé und sein Kollege Karl-Theodor zu Guttenberg wollen diesen Freitag in Straßburg ein deutsches Jägerbataillon in Dienst stellen. "Mein Vater hat gegen Ihre Väter gekämpft", sagte der gaullistische Minister. "Wir sind versöhnt und arbeiten heute eng zusammen." Die Präsenz deutscher Kampftruppen auf französischem Boden im Rahmen der deutsch-französischen Brigade habe enorme symbolische Bedeutung. Juppé forderte zugleich die Bundesregierung auf, sich der Idee einer europäischen Wirtschaftsregierung zu öffnen.

Die Frage dürfte am Freitag auch in Freiburg diskutiert werden. Dort kommen die Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Präsident Nicolas Sarkozy im Rahmen eines deutsch-französischen Ministerrates zusammen, um ihre Strategie für den EU-Gipfel in der kommenden Woche zu besprechen. Dabei wird es vor allem um zwei Fragen gehen: Wie kann Europa sich dauerhaft gegen Finanzkrisen wappnen? Und wie muss man diesen Krisenmechanismus ausgestalten, damit er keine aufwendige Änderung des EU-Vertrages nach sich zieht und von 2013 an gelten kann? Er soll zudem mehr Haushaltsdisziplin in Europa bewirken. Die EU will kommende Woche darüber eine Einigung erzielen.

Nach Deutschland lehnte am Donnerstag auch Frankreich den Vorschlag des Luxemburger Premiers Jean-Claude Juncker ab, eine Euro-Anleihe einzuführen. Dazu bestehe derzeit "keine Notwendigkeit", sagte ein Berater Sarkozys. Es stelle sich auch nicht die Frage, den Rettungsschirm von 750 Milliarden Euro aufzustocken. Allerdings sei man stets bereit, die Stabilität der Eurozone zu garantieren.

Einigkeit herrscht zwischen Deutschland und Frankreich auch darüber, die Banken an den Kosten der Krise zu beteiligen. Wie es in Paris hieß, wird in Freiburg erstmals bei einem deutsch-französischen Gipfel ein gemeinsamer Bericht vorgelegt. Darin stellen die Wirtschaftsweisen beider Länder vor, wie ein neuer Wohlfahrtsindikator aussehen könnte, der langfristig das Bruttoinlandsprodukt ergänzen soll. Zudem wollen die Chefs großer Konzerne konkrete Vorschläge zur Zusammenarbeit machen.

Den kompletten Artikel lesen Sie in der Süddeutschen Zeitung vom 10. Dezember 2010.

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