Süddeutsche Zeitung

Flüchtlingskrise:Orbán blitzt in Wien ab

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Von Cathrin Kahlweit, Wien

Nach seiner Abreise aus Bayern, wo der ungarische Premier von der CSU als entscheidungsstarkes Vorbild in der Flüchtlingskrise gefeiert worden war, machte Viktor Orbán in der österreichischen Hauptstadt halt.

Hier gab es, anders als auf der CSU-Klausur, nicht Fans zu begrüßen, sondern Gegner zu befrieden: Das Verhältnis zwischen Österreich und Ungarn ist derzeit höchst angespannt. Gelungen ist die Annäherung nicht, im Gegenteil. Österreichs Kanzler und Ungarns Premier traten getrennt vor die Presse und konnten bei ihren Statements ihre Distanz nur schwer verbergen. Werner Faymann (SPÖ) sprach am Freitag streng von einer "Aussprache, die zeigt, dass wir miteinander reden müssen" - dass also nichts geklärt werden konnte.

Österreich ist verärgert, weil Ungarn Flüchtlinge umstandslos weiterreicht

Orbán, ohnehin nicht für Zurückhaltung bekannt, wurde deutlicher: von "glatten Lügen" war da die Rede und einem "absurden Vergleich". Der Hintergrund: Wien ist verärgert, weil Orbán sich zwar gern selbst als Beschützer europäischer Außengrenzen rühmt, aber de facto Flüchtlinge umstandslos und ohne Registrierung nach Österreich weiterreicht. Und weil er die verbindliche Quote, von der Wien viel hält, bis heute nicht akzeptiert.

Ungarns Premier ist sauer, dass Faymann seine Flüchtlingspolitik unlängst in einem Seitenhieb mit der "dunkelsten Zeit" des Kontinents verglich, was als "Holocaust"-Anspielung Schlagzeilen machte. Faymann hatte überdies in Brüssel eine menschenwürdige Asylpolitik gefordert, was zu einem heftigen Schlagabtausch zwischen den beiden Politikern führte.

FPÖ-Mann Strache findet Orbáns Politik großartig

In Österreich gibt es allerdings durchaus Stimmen, die dem Premier aus dem Nachbarland weniger kritisch gegenüberstehen. Vizekanzler und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) konstatierte in Wien gegenüber der Presse, "so unrecht" habe Orbán ja nicht: Es sei auf EU-Seite endlich zu klären, ob Ungarn nun die Außengrenzen schützen solle oder nicht.

Orbán selbst hatte eigentlich auch FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache treffen wollen, der seine Politik großartig findet. Er denke, das hätte sich gelohnt, so Orbán laut Kurier, er habe aber auf Bitten seiner "Partner in der Regierung" von einem Treffen Abstand genommen.

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Quelle:
SZ vom 26.09.2015
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