Süddeutsche Zeitung

FDP-Parteitag: Die Liberalen in der Krise:Verliert die NRW-Wahl!

Lesezeit: 2 min

Parteichef Guido Westerwelle wird immer unbeliebter, die Umfragewerte sind beleidigend niedrig: Die FDP stand lange nicht so schlecht da. Wie sie da wieder rauskommt? Drei Ratschläge.

Thorsten Denkler, Köln

Krise?

Ach nö, die FDP ist doch nicht in einer Krise.

Wer diese Antwort hören will, muss nur einen Liberalen fragen. Auf dem Parteitag der FDP an diesem Wochenende in Köln gibt es dazu reichlich Gelegenheit. Egal, was angeführt wird: Der FDP geht es gut. Im Höchstfall ist von Ruckeleien zu hören, von Kommunikationspannen vielleicht, Missverständnissen. Das war es.

Dabei ist die Lage der FDP ein gutes halbes Jahr nach der Bundestagswahl geradezu katastrophal. Parteichef Guido Westerwelle hat das Kunststück vollbracht, die triumphalen 14,6 Prozent der FDP in Umfragen praktisch zu halbieren. Seine Popularitätswerte sind unterirdisch - letzter Platz in allen Rankings von Spitzenpolitikern. Selbst Linken-Fraktionschef Gregor Gysi finden die Menschen besser. Das schmerzt besonders.

Die Aussichten für die wichtige Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen? Demotivierend. Auf lediglich 5,1 Prozent taxiert eine Umfrage im Auftrag des Kölner Stadtanzeigers die einstige Siegerpartei im Heimatland des Vorsitzenden. Von den "10 plus x", die Westerwelle als Zielmarke gesetzt hat, ist die Partei meilenweit entfernt.

Der Erfolg bei der Bundestagswahl hat die Partei offenbar trunken gemacht - und noch hat sie kein Rezept gefunden, wie sie wieder nüchtern werden kann.

Wir hätten da ein paar Vorschläge.

Schritt eins: Die Landtagswahl in NRW verlieren

Nichts bringt Parteien so schnell auf den Boden der Realitäten zurück wie verlorene Wahlen. Ein schlechtes Ergebnis in NRW wäre ein deutliches Signal der Bürger: Sie wollen keine Steuersenkungen auf Pump und sie glauben nicht, dass alles gut wird, wenn der Staat immer weniger Geld einnimmt.

Schritt zwei: Stillhalteabkommen mit Westerwelle

Einen Löwenanteil an der Misere der FDP hat zweifelsohne Parteichef Guido Westerwelle zu verantworten. Westerwelle lebt von seinen bisherigen Erfolgen. Bleiben die aus, könnte es eng werden für ihn. Er wäre gut beraten, wenn er sich jetzt auf sein Amt als Außenminister konzentriert. Dafür muss er nicht den Parteivorsitz abgeben, sondern nur seinem Generalsekretär und den stellvertretenden Parteivorsitzenden mehr Raum lassen.

Erst wenn er sich als Außenminister unangreifbar gemacht hat, kann er sich wieder in innenpolitische Debatten einmischen. Allerdings nicht als Treiber und Einpeitscher, eher als parteiinterner Moderator. Wenn er das nicht schafft, muss er sich ein anderes Ministeramt suchen. Eines, in dem er weiter den Polterer geben kann. Wirtschaftsminister wäre ganz gut. Da kann er nicht viel Schaden anrichten.

Schritt drei: Realitäten anerkennen

Die FDP ist dabei, die Fehler der Grünen aus den Anfangsmonaten der rot-grünen Regierung 1998/1999 zu wiederholen. Die Grünen preschten damals immer wieder mit ihren Maximalforderungen vor und bissen sich dabei an der SPD die Zähne aus. Ergebnis: Selbst Erfolge wie die Reform des Staatsbürgerschaftsrechts wurden ihnen letztlich als Niederlage zugeschrieben.

So geht es der FDP mit ihrem Kernthema, der Steuerpolitik. Für die FDP sind niedrige Steuern eine Glaubens-, ja mehr noch: eine existenzielle Frage.

Davon muss sie weg. Statt Steuersenkung um jeden Preis sollte sie sich auf Steuervereinfachung konzentrieren. Wenn die Liberalen es hinbekommen, dass jeder seine Steuerklärung selber machen kann, wäre das ein achtbarer Erfolg. Geht die NRW-Wahl daneben, ist es ohnehin vorbei mit umfassenden Steuersenkungen.

Dafür fehlt im Bundesrat dann die Mehrheit. Die FDP aber hat das Thema selbst derart hoch gehängt. Sie kann sich nicht beklagen, wenn sie dann künftig wieder mit dem alten Vorwurf der Umfaller-Partei konfrontiert wird.

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