Süddeutsche Zeitung

Europäische Union:Nordmazedonien und Albanien kämpfen um den Beitritt

Lesezeit: 2 min

Die Beitrittsverhandlungen sind derzeit blockiert, Grund ist vor allem Deutschlands ablehnende Haltung. Dabei ist die große Koalition in der Frage gespalten.

Von Matthias Kolb, Brüssel

Am Engagement seitens der wichtigsten Akteure mangelt es nicht. Albaniens Premier Edi Rama beriet sich am Dienstagnachmittag in Brüssel mit der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini, bevor er die Präsidenten von Europäischem Rat und EU-Kommission, Donald Tusk und Jean-Claude Juncker, zum Gespräch traf.

Die Botschaft bei der Pressekonferenz war die gleiche wie beim Besuch von Zoran Zaev, dem Ministerpräsidenten von Nordmazedonien, eine Woche zuvor: Alle appellieren an die Mitgliedstaaten, ihr im Juni 2018 gegebenes Versprechen einzuhalten und noch in diesem Monat zu beschließen, die Beitrittsgespräche mit den zwei Westbalkan-Ländern zu beginnen.

Das scheint aber vom Tisch: Vergangene Woche machte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) klar, dass der Bundestag "frühestens im Oktober" über den Beginn der Gespräche über eine EU-Mitgliedschaft abstimmen werde. Genau dies ist die Position der CDU/CSU-Fraktion, die unbeeindruckt ist von der Erklärung der EU-Kommission, wonach die Regierungen in Skopje und Tirana alle Auflagen erfüllt haben. Nun ist nicht nur klar, dass die Koalition gespalten ist - Europa-Staatsminister Michael Roth (SPD) wirbt vehement für einen Start der Gespräche -, sondern auch, dass Deutschland nicht mit "Ja" votieren kann. Groß ist die Skepsis auch in den Niederlanden und Frankreich.

Baldige Gespräche mit Albanien sind fraglich - wegen innenpolitischer Probleme

Diese Haltung frustriert nicht nur Erweiterungskommissar Johannes Hahn. Am Dienstag betonten die Außenminister von 13 EU-Staaten in einer Erklärung die Bedeutung einer "europäischen Perspektive" für den Westbalkan. Die Unterzeichner - neben Italien und Österreich vor allem die osteuropäischen Länder, die zwischen 2004 und 2013 der Union beigetreten sind - erinnern ihre Kollegen daran, dass es keinen "Plan B" gebe, um in der direkten Nachbarschaft der EU Korruption zu bekämpfen und einen Rechtsstaat aufzubauen.

Ähnlich argumentiert Knut Fleckenstein, der für Albanien zuständige Berichterstatter des Europaparlaments: "Wenn die Kandidatenländer liefern, dann müssen auch wir zu unserem Wort stehen, dies ist eine Frage der Glaubwürdigkeit." Der SPD-Politiker erinnert daran, dass die Aufnahme der Beitrittsverhandlungen nicht bedeute, "dass Albanien morgen der EU beitritt".

In Brüssel spricht viel dafür, dass alles getan werden sollte, nach dem EU-Gipfel Ende Juni und "vor dem Sommer" eine Lösung zu finden - etwa indem die Länder getrennt behandelt werden. Während in Albanien gerade die Kommunalwahlen verschoben wurden und die konservative Opposition das Parlament boykottiert, zweifeln nur wenige, dass sich Nordmazedonien auf dem richtigen Weg befindet - auch durch die Beilegung des Namensstreits mit Griechenland.

Für das Prespes-Abkommen hatte sich auch Kanzlerin Merkel eingesetzt, die Nordmazedoniens Premier Zaev am Donnerstag empfängt. Dann könnte sich zeigen, ob der Aufschub für Skopje vielleicht nur kurz ist.

Was auf dem Spiel steht, formulieren die 14 EU-Außenminister so: Es gehe darum, die Gesellschaften "vor dem negativen Einfluss anderer Akteure zu schützen und sicherzustellen, dass die EU der wichtigste Akteur für die positive Entwicklung" bleibe. Anders gesagt: Wenn die EU Lücken lässt, werden Russland, China oder die Türkei sie füllen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4482446
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 12.06.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.